Willi Mako
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Alternative Kommunikationswege: Eskalationslogik neu denken

ID#70A-E1
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TAGS [EDIFACT][MARKTROLLE][PROZESS][GPKE][FEHLERBEHANDLUNG]

Veränderung der Eskalations- und Bearbeitungslogik durch alternative Kommunikationswege bei nicht-APERAK-konformen Fehlern

1. Grundlegende Anpassung der Prozesslogik

Die Notwendigkeit, Fehler außerhalb des standardisierten APERAK-Verfahrens (Automated Error and Acknowledgement Message) zu kommunizieren, führt zu einer dualen Bearbeitungsstruktur in der Marktkommunikation. Während APERAK-konforme Fehler automatisiert, strukturiert und mit klaren Eskalationspfaden verarbeitet werden, erfordern nicht-APERAK-konforme Fehler manuelle oder semi-automatisierte Kanäle (z. B. E-Mail, Ticket-Systeme, Telefonate oder proprietäre Plattformen). Diese Parallelität verändert die Eskalations- und Bearbeitungslogik in folgenden Dimensionen:

a) Dezentralisierung der Fehlererkennung und -meldung

  • APERAK-konforme Fehler werden durch vordefinierte Codes (z. B. nach EDIFACT-Standard) erkannt und direkt an die zuständige Stelle weitergeleitet. Die Eskalation erfolgt nach festen Regeln (z. B. Zeitlimits, Schweregrad).
  • Nicht-APERAK-konforme Fehler müssen zunächst manuell klassifiziert werden, da sie nicht in das standardisierte Schema passen. Dies führt zu:
    • Verzögerungen in der Weiterleitung, da eine initiale Bewertung durch Fachpersonal erforderlich ist.
    • Uneinheitlicher Priorisierung, da die Dringlichkeit nicht automatisch aus dem Fehlercode abgeleitet werden kann.
    • Erhöhtem Koordinationsaufwand, da mehrere Abteilungen (z. B. IT, Fachbereich, Marktpartner) eingebunden werden müssen.

b) Veränderung der Eskalationspfade

  • Automatisierte Eskalation (APERAK): Bei Überschreitung von Fristen oder kritischen Fehlern wird der Vorgang automatisch an höhere Instanzen (z. B. Teamleitung, Marktpartner) weitergeleitet.
  • Manuelle Eskalation (nicht-APERAK): Hier fehlen oft klare Trigger für die Eskalation. Stattdessen hängt die Weiterleitung von:
    • Der subjektiven Einschätzung des Bearbeiters (z. B. "Ist dieser Fehler systemkritisch?").
    • Ad-hoc-Kommunikation (z. B. Telefonate, E-Mails), die nicht immer dokumentiert wird.
    • Fehlender Transparenz für Marktpartner, da diese nicht automatisch über den Status informiert werden.

c) Anpassung der Bearbeitungszeiten und SLAs

  • APERAK-Fehler unterliegen definierten Service Level Agreements (SLAs), z. B.:
    • Automatische Quittierung innerhalb von 2 Stunden.
    • Lösung kritischer Fehler innerhalb von 24 Stunden.
  • Nicht-APERAK-Fehler haben keine standardisierten Bearbeitungszeiten, da:
    • Die Komplexität des Fehlers variiert (z. B. Dateninkonsistenzen vs. Systemabstürze).
    • Externe Abhängigkeiten (z. B. Lieferanten, andere Marktrollen) die Lösung verzögern können.
    • Risiko von "Lost-in-Transit"-Vorgängen, wenn Fehler in manuellen Kanälen untergehen.

2. Prozessuale Risiken durch parallele Fehlerkanäle

Die Nutzung unterschiedlicher Kommunikationswege für APERAK- und nicht-APERAK-Fehler birgt systematische Risiken, die die Effizienz und Compliance der Marktkommunikation beeinträchtigen:

a) Medienbrüche und Dateninkonsistenzen

  • Problem: Fehlerdaten werden in unterschiedlichen Systemen erfasst (z. B. APERAK-Datenbank vs. E-Mail-Postfach).
  • Folgen:
    • Doppelte Bearbeitung, wenn ein Fehler sowohl per APERAK als auch manuell gemeldet wird.
    • Widersprüchliche Informationen, z. B. wenn ein Marktpartner eine Korrektur per E-Mail anfordert, während parallel eine APERAK-Meldung mit abweichenden Daten eingeht.
    • Verlust von Metadaten (z. B. Zeitstempel, Verantwortliche), die in automatisierten Systemen standardmäßig erfasst werden.

b) Compliance- und Audit-Risiken

  • Problem: Manuelle Kanäle sind schwerer nachvollziehbar als automatisierte Prozesse.
  • Folgen:
    • Verstöße gegen regulatorische Vorgaben (z. B. MaBiS, GPKE, StromNZV), die eine lückenlose Dokumentation von Fehlern und deren Behebung vorschreiben.
    • Schwierigkeiten bei der Rekonstruktion von Vorfällen im Rahmen von Audits oder Streitfällen.
    • Haftungsrisiken, wenn Fehler aufgrund mangelnder Dokumentation nicht nachweisbar behoben wurden.

c) Erhöhte Fehleranfälligkeit durch manuelle Eingriffe

  • Problem: Manuelle Kommunikation ist fehleranfälliger als automatisierte Prozesse.
  • Folgen:
    • Falsche Weiterleitung von Fehlern (z. B. an die falsche Abteilung).
    • Unvollständige Informationen, wenn Bearbeiter relevante Details in E-Mails oder Telefonaten vergessen.
    • Subjektive Bewertung, die zu unterschiedlichen Priorisierungen führt (z. B. ein Bearbeiter stuft einen Fehler als "kritisch" ein, ein anderer nicht).

d) Ineffizienzen durch redundante Prozesse

  • Problem: Parallele Kanäle führen zu Mehrfacharbeit und Ressourcenverschwendung.
  • Folgen:
    • Doppelte Prüfung von Fehlern, wenn diese sowohl im APERAK-System als auch in manuellen Tickets auftauchen.
    • Verzögerte Lösung, da Bearbeiter zwischen Systemen wechseln müssen.
    • Erhöhte Betriebskosten, da zusätzliche Tools (z. B. Ticket-Systeme) und Schulungen für manuelle Prozesse benötigt werden.

e) Kommunikationslücken zwischen Marktpartnern

  • Problem: Nicht alle Marktpartner nutzen dieselben alternativen Kanäle.
  • Folgen:
    • Uneinheitliche Meldewege, z. B. wenn ein Partner Fehler per E-Mail meldet, ein anderer ein Webformular nutzt.
    • Verzögerte Reaktion, wenn ein Marktpartner auf eine APERAK-Meldung wartet, während der Fehler bereits manuell kommuniziert wurde.
    • Vertrauensverlust, wenn Marktpartner den Eindruck gewinnen, dass Fehler nicht systematisch bearbeitet werden.

3. Empfehlungen zur Risikominimierung

Um die negativen Auswirkungen paralleler Fehlerkanäle zu begrenzen, sollten folgende Maßnahmen ergriffen werden:

  1. Standardisierung alternativer Meldewege

    • Einführung eines zentralen Ticket-Systems für nicht-APERAK-Fehler mit klaren Eskalationsregeln.
    • Definition von Mindestanforderungen an manuelle Meldungen (z. B. Pflichtfelder wie Fehlerbeschreibung, Priorität, betroffene Daten).
  2. Automatisierte Schnittstellen zwischen Kanälen

    • Entwicklung von Brückenlösungen, die manuelle Meldungen in das APERAK-System überführen (z. B. durch manuelle Klassifizierung und Generierung eines APERAK-ähnlichen Codes).
    • Nutzung von APIs, um E-Mail- oder Ticket-Systeme mit dem zentralen Fehlermanagement zu verknüpfen.
  3. Schulung und klare Verantwortlichkeiten

    • Schulung der Mitarbeiter in der Handhabung nicht-APERAK-konformer Fehler.
    • Festlegung von Ansprechpartnern für spezifische Fehlertypen, um Eskalationen zu beschleunigen.
  4. Dokumentationspflichten und Audit-Trails

    • Verpflichtende Protokollierung aller manuellen Fehlerkommunikationen (z. B. durch automatische E-Mail-Archivierung oder Ticket-Logs).
    • Regelmäßige Reviews der Fehlerbearbeitung, um Lücken in der Dokumentation zu identifizieren.
  5. Regulatorische Anpassung

    • Lobbyarbeit für erweiterte APERAK-Codes, um mehr Fehlertypen abzudecken.
    • Klare Vorgaben in Marktregeln, wie mit nicht-APERAK-konformen Fehlern umzugehen ist.

Fazit

Die Notwendigkeit alternativer Kommunikationswege bei nicht-APERAK-konformen Fehlern führt zu einer Fragmentierung der Bearbeitungslogik, die Effizienz, Compliance und Transparenz beeinträchtigt. Während APERAK eine automatisierte, standardisierte und nachvollziehbare Fehlerbehandlung ermöglicht, sind manuelle Kanäle langsamer, fehleranfälliger und schwerer zu kontrollieren. Die größten Risiken liegen in Medienbrüchen, Compliance-Verstößen und ineffizienten Prozessen. Durch Standardisierung, Automatisierung und klare Verantwortlichkeiten können diese Risiken jedoch gemindert werden. Langfristig wäre eine Erweiterung des APERAK-Standards die nachhaltigste Lösung, um die Marktkommunikation zu vereinheitlichen.