Willi Mako
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APERAK-Ablehnung: Risikoverteilung im AHB-Prüfprozess

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Einfluss der frühzeitigen APERAK-Ablehnung auf die Risikoverteilung im AHB-Prüfprozess

1. Risikoverteilung zwischen Netzbetreiber und Lieferant

Die frühzeitige Ablehnung eines Geschäftsvorfalls per APERAK (Application Error and Acknowledgment Message) im AHB-Prüfprozess (Allgemeine Geschäftsbedingungen für den Messstellenbetrieb und die Messung) hat direkte Auswirkungen auf die Risiko- und Kostenverteilung zwischen Netzbetreiber und Lieferant. Die Ablehnung erfolgt in der Regel bei formalen oder inhaltlichen Fehlern in den übermittelten Daten (z. B. fehlerhafte Zählpunktbezeichnungen, unplausible Verbrauchswerte oder fehlende Stammdaten).

a) Primäre Risikozuweisung

  • Netzbetreiber:

    • Trägt das operative Risiko der korrekten Datenverarbeitung und -weiterleitung. Eine frühzeitige Ablehnung reduziert das Risiko von Fehlbuchungen oder nachgelagerten Korrekturaufwänden, da fehlerhafte Daten nicht in die Systeme übernommen werden.
    • Vermeidet regulatorische Sanktionen (z. B. durch die Bundesnetzagentur), die bei fehlerhafter Abrechnung oder Nicht-Einhaltung von Fristen drohen.
    • Muss jedoch sicherstellen, dass die Ablehnung technisch und prozessual korrekt erfolgt, um Regressforderungen des Lieferanten zu vermeiden.
  • Lieferant:

    • Übernimmt das Risiko von Verzögerungen und Nachbearbeitungskosten, da der Geschäftsvorfall neu aufbereitet und erneut übermittelt werden muss.
    • Trägt das wirtschaftliche Risiko von Lieferunterbrechungen oder Abrechnungsverzögerungen, falls die Korrektur nicht zeitnah erfolgt.
    • Kann bei wiederholten Fehlern mit Vertragsstrafen oder höheren Prüfaufwänden seitens des Netzbetreibers konfrontiert werden.

b) Sekundäre Effekte auf die Risikoverteilung

  • Kosten für nachgelagerte Korrekturen:
    • Eine frühzeitige Ablehnung minimiert manuelle Nacharbeiten (z. B. Stornierungen, Neubuchungen), die bei einer späteren Fehlererkennung anfallen würden.
    • Allerdings können Mehrfachablehnungen zu Prozessineffizienzen führen, wenn die Fehlerursache nicht behoben wird.
  • Haftungsfragen:
    • Bei systematischen Fehlern (z. B. fehlerhafte Schnittstellenkonfiguration) kann die Haftung zwischen den Parteien strittig sein. Die GPKE (Geschäftsprozesse zur Kundenbelieferung mit Elektrizität) und GeLi Gas (Geschäftsprozesse Lieferantenwechsel Gas) sehen vor, dass der Verursacher des Fehlers die Folgekosten trägt.
    • Eine dokumentierte Ablehnung per APERAK dient als Beweismittel für die Fehlerzuordnung.

2. Prozessuale und regulatorische Hebel zur Minimierung von Folgekosten

a) Technische und prozessuale Maßnahmen

  1. Automatisierte Plausibilitätsprüfungen

    • Netzbetreiber sollten vor der APERAK-Ablehnung automatisierte Prüfungen durchführen (z. B. auf:
      • Konsistenz von Zählpunkt- und Stammdaten,
      • Plausibilität von Verbrauchswerten (z. B. Vergleich mit historischen Daten),
      • Einhaltung von Fristen (z. B. Lieferbeginn/-ende).
    • Ziel: Reduktion von Fehlablehnungen durch präzisere Vorfilterung.
  2. Standardisierte Fehlercodes im APERAK

    • Die Verwendung eindeutiger Fehlercodes (z. B. nach EDIFACT-Standard) ermöglicht eine schnellere Fehlerbehebung durch den Lieferanten.
    • Beispiel:
      • E01 = Ungültiger Zählpunkt,
      • E02 = Fehlende Stammdaten,
      • E03 = Unplausibler Verbrauchswert.
    • Vorteil: Der Lieferant kann gezielt korrigieren, ohne Rückfragen stellen zu müssen.
  3. Eskalationsmanagement und Service-Level-Agreements (SLAs)

    • Klare SLAs für die Bearbeitungszeit von Korrekturen (z. B. 24–48 Stunden) vermeiden unnötige Verzögerungen.
    • Eskalationsstufen (z. B. bei wiederholten Fehlern) können automatisierte Benachrichtigungen an höhere Instanzen auslösen.
  4. Datenqualitätsmanagement

    • Regelmäßige Synchronisation von Stammdaten (z. B. über MaBiS – Marktregeln für die Durchführung der Bilanzkreisabrechnung Strom) reduziert Fehlerquellen.
    • Schulungen für Mitarbeiter beider Seiten zu GPKE/GeLi-Gas-Prozessen und EDI-Schnittstellen.

b) Regulatorische Hebel

  1. Einbindung der Bundesnetzagentur (BNetzA)

    • Bei wiederholten oder systematischen Fehlern kann die BNetzA als Schiedsstelle angerufen werden, um Klärung der Verantwortlichkeiten herbeizuführen.
    • Die GPKE/GeLi-Gas-Regularien sehen vor, dass der Verursacher des Fehlers die Kosten trägt. Eine dokumentierte APERAK-Ablehnung stärkt die Position des Netzbetreibers.
  2. Vertragliche Anpassungen

    • Lieferverträge können Pönalen für wiederholte Fehler vorsehen, um Anreize für eine höhere Datenqualität zu schaffen.
    • Bonus-Malus-Systeme (z. B. reduzierte Prüfaufwände bei fehlerfreier Übermittlung) können die Zusammenarbeit verbessern.
  3. Nutzung von Clearingstellen

    • Bei komplexen Streitfällen können Clearingstellen (z. B. BDEW-Clearingstelle) eingeschaltet werden, um Kosten und Risiken fair zu verteilen.
    • Diese können bindende Entscheidungen treffen, falls keine Einigung zwischen Netzbetreiber und Lieferant erzielt wird.
  4. Automatisierte Rechnungsprüfung (ARP)

    • Die ARP (gemäß § 40 EnWG) ermöglicht eine nachgelagerte Prüfung von Rechnungen. Eine frühzeitige APERAK-Ablehnung reduziert jedoch den Bedarf für manuelle ARP-Prozesse, da Fehler bereits im Vorfeld behoben werden.

3. Fazit und Handlungsempfehlungen

Die frühzeitige Ablehnung per APERAK verschiebt das Kosten- und Risikorisiko zunächst auf den Lieferanten, entlastet jedoch den Netzbetreiber von nachgelagerten Korrekturaufwänden. Um Folgekosten zu minimieren, sollten folgende Maßnahmen ergriffen werden:

Für Netzbetreiber:

  • Automatisierte Vorprüfungen einführen, um Fehlablehnungen zu reduzieren.
  • Klare Fehlercodes im APERAK verwenden, um die Fehlerbehebung zu beschleunigen.
  • Dokumentation aller Ablehnungen, um im Streitfall Beweise zu haben.

Für Lieferanten:

  • Datenqualität sicherstellen (z. B. durch regelmäßige Stammdatensynchronisation).
  • Prozessuale Schulungen für Mitarbeiter durchführen, um Fehler zu vermeiden.
  • SLAs mit Netzbetreibern vereinbaren, um Bearbeitungszeiten zu beschleunigen.

Gemeinsame Maßnahmen:

  • Regelmäßige Abstimmungsgespräche, um systematische Fehlerquellen zu identifizieren.
  • Nutzung von Clearingstellen bei komplexen Streitfällen.
  • Anpassung von Verträgen, um Anreize für eine fehlerfreie Datenübermittlung zu schaffen.

Durch diese Maßnahmen kann die Effizienz des AHB-Prüfprozesses gesteigert und Kosten für nachgelagerte Korrekturen deutlich reduziert werden.