Verantwortungsverteilung und prozessuale Risiken bei bidirektionaler Fehlerkommunikation via APERAK in der Stromsparte
1. Veränderung der Verantwortungsverteilung durch APERAK
Die Einführung der APERAK-Nachricht (Application Error and Acknowledgement) in der Stromsparte führt zu einer formalisierten und bidirektionalen Fehlerkommunikation, die die Verantwortlichkeiten zwischen Sender und Empfänger neu strukturiert. Im Gegensatz zu unidirektionalen Bestätigungsverfahren (z. B. einfache Empfangsquittungen) ermöglicht APERAK eine explizite Rückmeldung über die inhaltliche Prüfung eines Geschäftsvorfalls.
1.1 Verantwortung des Senders
- Initiierung und Korrektheit der Daten: Der Sender bleibt primär verantwortlich für die inhaltliche und formale Richtigkeit der übermittelten Daten (z. B. Lieferantenwechsel, Zählerstandsmeldungen). Die APERAK dient nicht als Freigabe für fehlerhafte Daten, sondern als Feedback-Mechanismus.
- Reaktionspflicht bei Fehlermeldungen: Erhält der Sender eine APERAK mit Fehlerhinweis, obliegt ihm die Korrektur und Neuübermittlung innerhalb definierter Fristen. Unterlässt er dies, trägt er die Folgen fehlerhafter oder ausbleibender Datenverarbeitung (z. B. falsche Abrechnungen, regulatorische Sanktionen).
- Beweislast bei Streitfällen: Da die APERAK eine dokumentierte Prüfung darstellt, kann der Sender im Konfliktfall nachweisen, dass er eine fehlerhafte Meldung korrigiert hat – sofern die APERAK dies bestätigt.
1.2 Verantwortung des Empfängers
- Prüfpflicht und Rückmeldung: Der Empfänger muss den Geschäftsvorfall innerhalb festgelegter Fristen prüfen und eine APERAK generieren. Unterbleibt die Rückmeldung, gilt der Vorfall nicht automatisch als anerkannt – vielmehr entsteht ein prozessuales Risiko (siehe Abschnitt 2).
- Anerkennung fehlerfreier Vorfälle: Bestätigt der Empfänger via APERAK die Fehlerfreiheit, geht die Verantwortung für die weitere Verarbeitung auf ihn über. Ab diesem Zeitpunkt haftet er für nachgelagerte Fehler (z. B. falsche Weiterleitung an Netzbetreiber oder Bilanzkreisverantwortliche).
- Dokumentationspflicht: Die APERAK muss revisionssicher archiviert werden, um im Streitfall nachweisen zu können, dass der Empfänger den Vorfall geprüft und anerkannt hat.
2. Prozessuale und regulatorische Risiken bei fehlender expliziter Anerkennung
Wird ein Geschäftsvorfall nicht explizit via APERAK bestätigt, entstehen erhebliche Risiken für beide Parteien:
2.1 Prozessuale Risiken
- Unklare Verarbeitungszustände:
- Ohne APERAK-Bestätigung bleibt unklar, ob der Empfänger den Vorfall tatsächlich geprüft hat oder ob technische Störungen (z. B. Übertragungsfehler) vorlagen.
- Folge: Manuelle Nachverfolgung wird notwendig, was zu Verzögerungen und erhöhten Betriebskosten führt.
- Doppelte Datenhaltung und Inkonsistenzen:
- Fehlt die Bestätigung, kann der Sender nicht sicher sein, ob der Vorfall in die Weiterverarbeitung übernommen wurde. Dies kann zu Doppelbuchungen oder fehlenden Datensätzen führen (z. B. bei Zählerstandsmeldungen).
- Fristenproblematik:
- Viele Prozesse in der Stromsparte sind fristgebunden (z. B. Lieferantenwechsel nach § 20a EnWG). Unterbleibt die APERAK, kann der Sender nicht nachweisen, dass er seine Pflichten erfüllt hat – was zu regulatorischen Verstößen führen kann.
2.2 Regulatorische Risiken
- Verstoß gegen Marktkommunikationsvorgaben:
- Die BNetzA und die BDEW-Marktregeln fordern eine nachvollziehbare und dokumentierte Kommunikation zwischen Marktteilnehmern. Fehlende APERAK-Nachweise können als Nichterfüllung der Meldepflichten gewertet werden.
- Beispiel: Bei einem Lieferantenwechsel muss der Netzbetreiber den Wechsel innerhalb von 7 Werktagen bestätigen (§ 20a EnWG). Unterbleibt die APERAK, gilt der Wechsel als nicht durchgeführt, was zu Vertragsstrafen oder Rückabwicklungen führen kann.
- Haftungsrisiken bei falscher Abrechnung:
- Wird ein Geschäftsvorfall (z. B. eine Zählerstandsmeldung) nicht explizit anerkannt, kann der Empfänger später die Richtigkeit der Daten bestreiten. Dies führt zu:
- Nachberechnungen (z. B. bei Bilanzkreisabrechnungen),
- Bußgeldern (z. B. bei falscher EEG-Umlageberechnung),
- Zivilrechtlichen Ansprüchen (z. B. Schadensersatzforderungen des Senders).
- Wird ein Geschäftsvorfall (z. B. eine Zählerstandsmeldung) nicht explizit anerkannt, kann der Empfänger später die Richtigkeit der Daten bestreiten. Dies führt zu:
- Beweislastumkehr in Streitfällen:
- Ohne APERAK-Bestätigung muss der Sender nachweisen, dass der Empfänger den Vorfall erhalten und geprüft hat. Dies ist in der Praxis oft schwer zu führen, insbesondere wenn der Empfänger technische Fehler (z. B. Systemausfälle) geltend macht.
3. Empfehlungen zur Risikominimierung
Um die genannten Risiken zu vermeiden, sollten folgende Maßnahmen ergriffen werden:
- Automatisierte APERAK-Generierung:
- Der Empfänger sollte sicherstellen, dass APERAK-Nachrichten innerhalb der vorgegebenen Fristen (z. B. 24 Stunden) automatisch generiert und versendet werden.
- Revisionssichere Archivierung:
- Beide Parteien müssen APERAK-Nachrichten mindestens 10 Jahre (gemäß GoBD) speichern, um im Streitfall Beweise vorlegen zu können.
- Eskalationsmechanismen bei ausbleibender APERAK:
- Der Sender sollte bei fehlender Rückmeldung automatisierte Erinnerungen auslösen und ggf. manuell nachfassen.
- Klare vertragliche Regelungen:
- In Lieferantenrahmenverträgen oder Netznutzungsverträgen sollte explizit festgelegt werden, dass die APERAK konstitutive Wirkung hat (d. h., ohne Bestätigung gilt der Vorfall als nicht verarbeitet).
4. Fazit
Die bidirektionale Fehlerkommunikation via APERAK verlagert die Verantwortung für die Datenqualität stärker auf den Empfänger, da dieser eine aktive Prüf- und Rückmeldepflicht hat. Gleichzeitig reduziert sie die Unsicherheit für den Sender, da dieser eine dokumentierte Bestätigung erhält. Fehlt diese Bestätigung, entstehen jedoch erhebliche prozessuale und regulatorische Risiken, die zu Verzögerungen, Haftungsfällen und Bußgeldern führen können. Eine automatisierte, fristgerechte und revisionssichere APERAK-Kommunikation ist daher essenziell, um Compliance-Anforderungen zu erfüllen und Streitigkeiten zu vermeiden.