Veränderung der Verantwortungskette und prozessuale Risiken durch asymmetrische Abmeldekommunikation
1. Verantwortungskette im regulären Prozess
Im Rahmen der Marktkommunikation nach den Vorgaben des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und der Bundesnetzagentur (BNetzA) sind die Rollen von Messstellenbetreiber (MSB), Lieferant und Netzbetreiber klar definiert:
- Lieferant: Initiiert die Abmeldung einer Netznutzung (z. B. bei Kundenwechsel oder Vertragsende) und übermittelt diese an den MSB.
- Messstellenbetreiber (MSB): Verarbeitet die Abmeldung, dokumentiert den Zählerstand und leitet die Information an den Netzbetreiber weiter.
- Netzbetreiber: Bestätigt die Abmeldung und passt die Netznutzung an (z. B. durch Sperrung oder Umstellung auf Ersatzversorgung).
Die synchronisierte Kommunikation erfolgt über standardisierte EDIFACT-Nachrichten:
- UTILMD (Abmeldung) vom Lieferanten an den MSB.
- APERAK (Acknowledgement/Fehlerrückmeldung) vom MSB zurück an den Lieferanten.
2. Auswirkungen asymmetrischer Abmeldekommunikation
Eine Asymmetrie entsteht, wenn die APERAK-Rückmeldung nicht zeitgleich oder fehlerhaft zur ursprünglichen Abmeldung erfolgt. Dies führt zu folgenden Verschiebungen in der Verantwortungskette:
a) Verantwortungsverlagerung auf den MSB
- Verzögerte APERAK: Bleibt die Rückmeldung aus oder erfolgt verspätet, verbleibt die prozessuale Hoheit beim MSB. Dieser muss die Abmeldung zunächst intern verarbeiten, ohne dass der Lieferant eine Bestätigung erhält.
- Fehlerhafte APERAK: Enthält die Rückmeldung falsche Statuscodes (z. B. "Abmeldung abgelehnt" statt "in Bearbeitung"), kann der Lieferant keine korrekte Folgemaßnahme einleiten. Der MSB trägt dann die Nachweispflicht für die korrekte Verarbeitung.
b) Risiko für den Lieferanten: Unklare Prozessfortführung
- Ohne APERAK kann der Lieferant nicht sicherstellen, ob die Abmeldung beim Netzbetreiber angekommen ist. Dies führt zu:
- Doppelte Abmeldungen (Redundanzen durch erneute Übermittlung).
- Fehlende Rechnungsgrundlage (z. B. wenn der Netzbetreiber die Abmeldung nicht umsetzt und weiter Netzentgelte berechnet).
- Vertragsrechtliche Unsicherheiten (z. B. bei Kündigungsfristen).
c) Netzbetreiber: Erhöhte Fehleranfälligkeit
- Der Netzbetreiber erhält die Abmeldung nur indirekt über den MSB. Fehlt die APERAK, kann er nicht nachvollziehen, ob:
- Die Abmeldung technisch korrekt war.
- Der Lieferant über den Status informiert wurde.
- Folge: Manuelle Nachbearbeitung, erhöhte Fehlerquote bei der Netznutzungsabrechnung.
3. Prozessuale Risiken durch fehlende Synchronisation
Die nicht-synchronisierte APERAK birgt folgende konkrete Risiken:
| Risiko | Auswirkung | Verantwortliche Stelle |
|---|---|---|
| Dateninkonsistenz | Unterschiedliche Statusstände zwischen Lieferant, MSB und Netzbetreiber. | Alle Beteiligten |
| Verzögerte Netznutzungsanpassung | Netzbetreiber setzt Abmeldung verspätet um → unberechtigte Entgeltforderungen. | Netzbetreiber |
| Rechtliche Haftungsfragen | Bei Fristversäumnissen (z. B. Kündigung) kann der Lieferant in Regress genommen werden. | Lieferant |
| Manuelle Nacharbeit | Erhöhte Bearbeitungskosten durch telefonische/schriftliche Klärung. | MSB, Lieferant |
| Compliance-Verstöße | Nichteinhaltung der BNetzA-Vorgaben zur Marktkommunikation. | Alle Beteiligten |
4. Lösungsansätze zur Risikominimierung
Um die Asymmetrie zu vermeiden, sollten folgende Maßnahmen ergriffen werden:
Automatisierte APERAK-Generierung
- Der MSB muss sicherstellen, dass die Rückmeldung innerhalb der definierten Fristen (z. B. 2 Werktage) erfolgt.
- Einsatz von Monitoring-Tools, die fehlende APERAKs automatisch eskalieren.
Klare Fehlercodes in der APERAK
- Standardisierte Statusmeldungen (z. B. "Abmeldung akzeptiert", "Fehler in Zählerstandsdaten") ermöglichen dem Lieferanten eine eindeutige Reaktion.
Dokumentationspflichten
- Alle Beteiligten müssen Abmeldungen und Rückmeldungen revisionssicher archivieren, um im Streitfall Nachweise erbringen zu können.
Regelmäßige Prozessprüfungen
- Durchführung von Stichprobenkontrollen durch die BNetzA oder interne Audits, um Lücken in der Kommunikation zu identifizieren.
5. Fazit
Die Asymmetrie in der Abmeldekommunikation führt zu einer Verschiebung der Verantwortlichkeiten, insbesondere zulasten des MSB und des Lieferanten. Die größten Risiken liegen in Dateninkonsistenzen, verzögerten Prozessabläufen und rechtlichen Unsicherheiten. Durch automatisierte Rückmeldungen, klare Fehlercodes und regelmäßige Kontrollen können diese Risiken minimiert werden. Eine synchronisierte Kommunikation ist essenziell, um die Marktprozesse nach den Vorgaben der BNetzA stabil und fehlerfrei zu halten.