Willi Mako
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Automatisierte Syntaxprüfung mit CONTRL: Verantwortungsverteilung & Prozesse

ID#6ED-DD
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TAGS [EDIFACT][PROZESS][FEHLERBEHANDLUNG]

Verantwortungsverteilung und prozessuale Anpassungen bei automatisierter Syntaxprüfung durch CONTRL

1. Veränderung der Verantwortungsverteilung zwischen Sender und Empfänger

Die Einführung der automatisierten Syntaxprüfung mittels CONTRL (EDIFACT-Kontrollnachricht) führt zu einer klaren Neuordnung der Fehlerbehandlungsverantwortung zwischen den beteiligten Parteien. Während in manuellen oder semi-automatisierten Prozessen Fehler oft erst nach manueller Prüfung erkannt und kommuniziert wurden, ermöglicht CONTRL eine sofortige, systemgestützte Rückmeldung über Syntaxverstöße.

  • Verantwortung des Senders (Absender der Übertragungsdatei): Der Sender trägt die primäre Verantwortung für die syntaktische Korrektheit der übermittelten Daten. Da CONTRL eine automatisierte Fehlermeldung generiert, sobald ein Syntaxfehler erkannt wird, muss der Absender davon ausgehen, dass die betroffenen Geschäftsvorfälle nicht weiterverarbeitet wurden. Dies setzt voraus, dass der Sender:

    • Echtzeit- oder Near-Real-Time-Überwachung der CONTRL-Rückmeldungen implementiert,
    • automatisierte Korrekturmechanismen (z. B. Fehlerprotokollierung, Neuübertragung) vorhält,
    • klare Eskalationswege für manuelle Eingriffe bei nicht behebbaren Fehlern definiert.
  • Verantwortung des Empfängers (Datenverarbeiter): Der Empfänger ist für die technische Prüfung der Syntax zuständig, nicht jedoch für die inhaltliche Richtigkeit der Daten. Seine Aufgaben umfassen:

    • Generierung und Übermittlung der CONTRL-Nachricht bei Syntaxfehlern,
    • Verhinderung der Weiterverarbeitung fehlerhafter Datensätze (z. B. durch automatische Sperrung im ERP-System),
    • Dokumentation der Fehler für Nachweispflichten (z. B. im Rahmen von Compliance-Anforderungen wie DSGVO oder GoBD).

Durch diese Aufteilung wird die Fehlererkennung und -kommunikation beschleunigt, während die Korrekturverantwortung beim Sender verbleibt. Dies entspricht dem Push-Prinzip, bei dem der Empfänger lediglich die technische Konformität prüft, nicht jedoch die inhaltliche Plausibilität.


2. Prozessuale Anpassungen zur Minimierung der Latenz zwischen Fehlererkennung und Neuübertragung

Um regulatorische Anforderungen (z. B. § 238 HGB, GoBD, DSGVO, MaRisk) sowie betriebliche Effizienzziele zu erfüllen, sind folgende Anpassungen notwendig:

a) Automatisierte Fehlerbehandlung und Eskalationsmanagement
  • Echtzeit-Überwachung von CONTRL-Nachrichten: Der Sender muss ein Monitoring-System implementieren, das eingehende CONTRL-Fehlermeldungen sofort erfasst und klassifiziert (z. B. nach Fehlerart: Segmentfehler, ungültige Werte, fehlende Pflichtfelder).
  • Automatisierte Korrekturroutinen:
    • Standardfehler (z. B. falsche Trennzeichen, Formatabweichungen) sollten durch vordefinierte Skripte behoben werden.
    • Komplexe Fehler (z. B. logische Inkonsistenzen) müssen an eine manuelle Bearbeitungsstelle eskaliert werden.
  • Priorisierung nach Dringlichkeit: Kritische Geschäftsvorfälle (z. B. Zahlungsanweisungen) sollten mit höherer Priorität behandelt werden als Routinedaten.
b) Regulatorisch konforme Dokumentation und Nachweispflichten
  • Protokollierung aller Fehler und Korrekturmaßnahmen: Jeder Syntaxfehler, die CONTRL-Rückmeldung sowie die durchgeführten Korrekturen müssen revisionssicher dokumentiert werden (z. B. in einem Audit-Log).
  • Zeitstempel und Fristenüberwachung: Die Latenz zwischen Fehlererkennung und Neuübertragung muss gemessen und überwacht werden. Bei Überschreitung vordefinierter Fristen (z. B. 24 Stunden für kritische Daten) sind automatische Benachrichtigungen an die Compliance-Abteilung erforderlich.
  • Nachweis der Nicht-Weiterverarbeitung: Der Empfänger muss sicherstellen, dass fehlerhafte Datensätze nicht in nachgelagerte Systeme (z. B. Buchhaltung, Lagerverwaltung) übernommen werden. Dies kann durch technische Sperren (z. B. Blockierung im ERP-System) oder manuelle Freigabeprozesse erfolgen.
c) Technische und organisatorische Maßnahmen (TOM)
  • Schnittstellenanpassung: Die EDI-Schnittstelle muss so konfiguriert sein, dass CONTRL-Nachrichten ohne manuelle Zwischenschritte verarbeitet werden können.
  • Test- und Validierungsprozesse: Vor der Produktivsetzung neuer EDI-Nachrichtenformate sind automatisierte Testläufe mit simulierten Syntaxfehlern durchzuführen, um die Reaktion des Systems zu prüfen.
  • Schulung der Mitarbeiter: Sowohl Sender als auch Empfänger müssen im Umgang mit CONTRL-Fehlermeldungen und den damit verbundenen Prozessen geschult werden.
d) Regulatorische Konformität sicherstellen
  • GoBD-konforme Archivierung: Alle CONTRL-Nachrichten, Fehlerprotokolle und Korrekturmaßnahmen müssen 10 Jahre lang revisionssicher archiviert werden.
  • DSGVO-konforme Datenverarbeitung: Bei personenbezogenen Daten muss sichergestellt sein, dass fehlerhafte Datensätze nicht unnötig gespeichert werden und Korrekturen datenschutzkonform erfolgen.
  • MaRisk-konforme Risikosteuerung (für Finanzinstitute): Banken und Versicherungen müssen sicherstellen, dass durch verzögerte Neuübertragungen keine operationellen Risiken (z. B. Liquiditätsengpässe) entstehen.

3. Fazit: Effizienzsteigerung bei gleichzeitiger Compliance-Sicherung

Die automatisierte Syntaxprüfung durch CONTRL beschleunigt die Fehlererkennung, verlagert jedoch die Korrekturverantwortung klar auf den Sender. Um regulatorische Anforderungen zu erfüllen und betriebliche Risiken zu minimieren, sind folgende Maßnahmen essenziell:

  1. Automatisierte Fehlerbehandlung mit klaren Eskalationswegen,
  2. Revisionssichere Dokumentation aller Schritte,
  3. Technische Anpassungen der EDI-Schnittstellen,
  4. Regelmäßige Schulungen der Mitarbeiter.

Durch diese Anpassungen kann die Latenz zwischen Fehlererkennung und Neuübertragung auf ein Minimum reduziert werden, während gleichzeitig die Compliance mit gesetzlichen und branchenspezifischen Vorgaben sichergestellt wird.