Willi Mako
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Doppelte Pflege in Handbüchern: Risiken für Marktkommunikation

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TAGS [PROZESS][GPKE][GELI GAS]

Auswirkungen doppelter Pflege identischer Inhalte in Anwendungshandbüchern auf die Marktkommunikation und operative Umsetzung

1. Beeinträchtigung der Konsistenz in der Marktkommunikation

Die parallele Pflege identischer Inhalte in separaten Anwendungshandbüchern (z. B. für CONTRL und APERAK) birgt erhebliche Risiken für die Konsistenz der Marktkommunikation zwischen Netzbetreibern, Lieferanten und anderen Marktteilnehmern. Folgende Probleme treten auf:

  • Redundante Informationen mit Abweichungsrisiko Da dieselben Regelungen (z. B. grundlegende Einsatzbedingungen oder Aktivitätsdiagramme) in beiden Handbüchern enthalten sind, besteht die Gefahr, dass bei Aktualisierungen nicht alle Dokumente synchron angepasst werden. Selbst kleine Abweichungen – etwa in Formulierungen, Beispielen oder technischen Details – können zu unterschiedlichen Interpretationen führen. Dies untergräbt das Ziel einer einheitlichen Marktkommunikation, wie es in den zugrundeliegenden Regularien (z. B. GPKE, GeLi Gas) vorgesehen ist.

  • Verwirrung durch inkonsistente Terminologie Trotz Bemühungen um Vereinheitlichung (z. B. durch die Festlegung auf den Begriff „Absender“ statt „Versender“ oder „Sender“) können lokal unterschiedliche Anpassungen in den Handbüchern zu Missverständnissen führen. Beispielsweise könnte ein Lieferant in einem Handbuch eine Regel anders verstehen als im anderen, was zu fehlerhaften Nachrichtenflüssen (z. B. falsche Quittierungen oder Fehlermeldungen) führt.

  • Erschwerte Fehleranalyse und Support Bei Störungen oder Rückfragen müssen Marktteilnehmer prüfen, welches Handbuch die maßgebliche Quelle ist. Dies verlängert die Bearbeitungszeiten und erhöht den Koordinationsaufwand zwischen Netzbetreibern, Lieferanten und Dienstleistern. Im schlimmsten Fall werden widersprüchliche Lösungsansätze verfolgt, was die Interoperabilität gefährdet.


2. Prozessuale Risiken für die operative Umsetzung

Die doppelte Pflege identischer Inhalte führt zu operativen Ineffizienzen und Compliance-Risiken, die sich auf die tägliche Abwicklung auswirken:

  • Erhöhter Pflegeaufwand und Fehleranfälligkeit Jede Änderung (z. B. Anpassung von Prozessdiagrammen oder Regelwerken) muss manuell in beiden Handbüchern nachgezogen werden. Dies verdoppelt nicht nur den Arbeitsaufwand, sondern erhöht auch die Wahrscheinlichkeit von Übertragungsfehlern oder Vergessen von Anpassungen. Besonders kritisch ist dies bei rechtlich relevanten Inhalten (z. B. Fristen, Meldepflichten), da inkonsistente Vorgaben zu Vertragsverletzungen oder Bußgeldern führen können.

  • Verzögerte Implementierung von Änderungen Netzbetreiber und Lieferanten müssen bei jeder Aktualisierung prüfen, welche Version der Handbücher verbindlich ist. Dies führt zu Verzögerungen in der Umsetzung, da zunächst Klarheit über die korrekte Referenz geschaffen werden muss. In der Praxis kann dies bedeuten, dass neue Marktregeln (z. B. aus dem BDEW oder der BNetzA) nicht zeitnah umgesetzt werden, was die Marktprozesse verlangsamt.

  • Risiko von Doppelarbeit und inkonsistenten Systemkonfigurationen IT-Systeme (z. B. EDI-Konverter, Marktkommunikationsplattformen) müssen auf Basis der Handbücher konfiguriert werden. Bei widersprüchlichen Vorgaben besteht die Gefahr, dass unterschiedliche Systeme unterschiedlich parametriert werden. Dies kann zu Nachrichtenfehlern führen, etwa wenn ein Netzbetreiber eine CONTRL-Quittierung anders verarbeitet als ein Lieferant. Die Folge sind manuelle Nachbearbeitungen, erhöhte Fehlerquoten und zusätzliche Kosten.

  • Schwierigkeiten bei der Auditierung und Zertifizierung Externe Prüfungen (z. B. durch die BNetzA oder Zertifizierungsstellen) erfordern nachvollziehbare und widerspruchsfreie Dokumentation. Doppelte Handbücher erschweren die Rückverfolgbarkeit von Änderungen und erhöhen das Risiko, dass Prüfungen nicht bestanden werden. Zudem müssen Marktteilnehmer im Zweifel beide Dokumente vorlegen, was den Aufwand für Compliance-Nachweise erhöht.


3. Empfehlungen zur Risikominimierung

Um die genannten Probleme zu vermeiden, sollten folgende Maßnahmen ergriffen werden:

  1. Zentralisierung der Dokumentation Identische Inhalte (z. B. allgemeine Regeln zu CONTRL/APERAK oder Aktivitätsdiagramme) sollten in einem gemeinsamen Basisdokument gepflegt und in die spezifischen Handbücher verlinkt oder referenziert werden. Dies reduziert Redundanzen und stellt sicher, dass Änderungen nur einmal vorgenommen werden müssen.

  2. Automatisierte Synchronisation Bei unvermeidbaren Doppelungen sollten technische Lösungen (z. B. Content-Management-Systeme mit Versionskontrolle) eingesetzt werden, um Änderungen automatisch in alle relevanten Dokumente zu übertragen.

  3. Klare Verantwortlichkeiten und Freigabeprozesse Es sollte definiert werden, wer für die Pflege welcher Inhalte zuständig ist und wie Änderungen freigegeben werden. Ein zentrales Gremium (z. B. ein Marktkommunikationsausschuss) könnte die Konsistenz überwachen.

  4. Schulungen und Kommunikation Marktteilnehmer sollten regelmäßig über Änderungen informiert werden, insbesondere wenn diese mehrere Handbücher betreffen. Schulungen sollten darauf abzielen, einheitliche Interpretationen zu fördern.

  5. Regelmäßige Konsistenzprüfungen In festen Abständen (z. B. quartalsweise) sollten die Handbücher auf Widersprüche und veraltete Inhalte überprüft werden. Tools zur automatisierten Textanalyse können dabei unterstützen.


Fazit

Die doppelte Pflege identischer Inhalte in separaten Anwendungshandbüchern gefährdet die Konsistenz der Marktkommunikation und führt zu operativen Risiken, die von erhöhten Kosten bis hin zu Compliance-Verstößen reichen. Durch zentralisierte Dokumentation, klare Prozesse und technische Unterstützung lassen sich diese Risiken jedoch minimieren. Eine proaktive Harmonisierung der Handbücher ist essenziell, um die Effizienz und Zuverlässigkeit der Marktprozesse langfristig zu gewährleisten.