Einfluss der zeitlichen Abfolge und logischen Verknüpfung von DTM-Segmenten in MSCONS-Nachrichten auf die Messwertinterpretation
1. Funktion und Bedeutung der DTM-Segmente in MSCONS
Die MSCONS-Nachricht (Message for Consumption) dient der Übermittlung von Verbrauchs- und Messdaten zwischen Netzbetreibern, Lieferanten und Marktpartnern im Energiesektor. Die DTM-Segmente (Date/Time/Period) definieren dabei zeitliche Referenzen, die für die korrekte Zuordnung und Interpretation der übermittelten Messwerte entscheidend sind.
DTM+Z01 (Zeitraum der Messwertübermittlung): Dieses Segment gibt den Gültigkeitszeitraum der Nachricht an, d. h., für welchen Zeitraum die enthaltenen Messwerte relevant sind. Im Beispiel:
DTM+Z01:201609160400201609090400:719bedeutet dies, dass die Nachricht Messwerte für den Zeitraum 09.09.2016 04:00 bis 16.09.2016 04:00 enthält. Der Qualifier 719 (Zeitraum) bestätigt, dass es sich um einen zusammenhängenden Messzeitraum handelt.DTM+163 (Zeitstempel der Messwerterfassung): Dieses Segment kennzeichnet den exakten Zeitpunkt der Messwerterfassung. Im Beispiel:
DTM+163:201010310215wird der Messwert am 31.10.2010 um 02:15 erfasst. Der Qualifier 163 steht für den Erfassungszeitpunkt (Actual Reading Date/Time).
2. Logische Verknüpfung und Interpretation durch Netzbetreiber/Lieferanten
Die korrekte Interpretation der Messwerte hängt von der synchronen und widerspruchsfreien Kombination beider DTM-Segmente ab:
a) Zeitliche Konsistenzprüfung
- Der DTM+163-Zeitstempel muss innerhalb des im DTM+Z01 definierten Zeitraums liegen.
Im Beispiel ist dies nicht der Fall (Messwert von 2010, Zeitraum von 2016). Dies führt zu:
- Ablehnung der Nachricht durch das Empfängersystem (z. B. wegen Plausibilitätsprüfung).
- Fehlinterpretation der Daten, da der Messwert fälschlich dem Zeitraum 2016 zugeordnet werden könnte.
- Prozessstörungen in der Abrechnung, da der Lieferant den Wert nicht korrekt zuordnen kann.
b) Priorisierung der Segmente
- DTM+Z01 definiert den Gültigkeitsrahmen der Nachricht, während DTM+163 den konkreten Erfassungszeitpunkt angibt.
- Bei Mehrfachmessungen (z. B. Lastgangdaten) muss jeder QTY-Wert mit einem eigenen DTM+163 verknüpft sein.
- Fehlt diese Verknüpfung oder ist sie inkonsistent, kann der Lieferant die Werte nicht korrekt zeitlich zuordnen (z. B. für die Bilanzierung).
c) Auswirkungen auf die Marktkommunikation
- Netzbetreiber nutzen die DTM-Segmente, um:
- Abrechnungsrelevante Zeiträume zu identifizieren (z. B. für die Zählerstandsfortschreibung).
- Lastgangdaten für die Netzplanung zu verarbeiten.
- Lieferanten benötigen die korrekte zeitliche Zuordnung für:
- Bilanzkreisabrechnung (Matching von Verbrauch und Einspeisung).
- Prognoseanpassungen (z. B. bei unterjährigen Wechseln).
3. Prozessuale Risiken bei fehlender Synchronisation
a) Datenqualitätsprobleme
- Falsche Zeitstempel führen zu:
- Doppelerfassungen (wenn ein Messwert fälschlich zwei Zeiträumen zugeordnet wird).
- Lücken in der Bilanzierung (wenn Messwerte außerhalb des Gültigkeitszeitraums liegen).
- Manuellen Korrekturaufwand, da die Daten manuell nachbearbeitet werden müssen.
b) Abrechnungsfehler
- Fehlende Synchronisation kann zu:
- Falschen Rechnungen führen (z. B. wenn ein Messwert dem falschen Lieferanten zugeordnet wird).
- Streitigkeiten zwischen Netzbetreiber und Lieferant über die korrekte Zuordnung.
- Regulatorischen Konsequenzen, da die Bundesnetzagentur (BNetzA) eine korrekte Marktkommunikation vorschreibt.
c) Systemische Risiken
- Automatisierte Prozesse (z. B. EDIFACT-Parser) können bei inkonsistenten DTM-Segmenten:
- Nachrichten ablehnen (mit Fehlermeldungen wie "Zeitstempel außerhalb des Gültigkeitsbereichs").
- Falsche Daten weiterverarbeiten, was zu Kettenreaktionen in nachgelagerten Systemen führt (z. B. falsche Bilanzkreisabrechnung).
- Manuelle Eingriffe sind erforderlich, was die Prozesskosten erhöht und die Liefertreue gefährdet.
d) Rechtliche und regulatorische Folgen
- § 47 EnWG (Energiewirtschaftsgesetz) und die MaBiS (Marktregeln für die Durchführung der Bilanzkreisabrechnung Strom) fordern eine korrekte und zeitnahe Datenübermittlung.
- Bei wiederholten Fehlern drohen:
- Vertragsstrafen zwischen Marktpartnern.
- Aufforderungen zur Nachbesserung durch die BNetzA.
- Ausschluss von automatisierten Prozessen, falls die Datenqualität nicht sichergestellt ist.
4. Empfehlungen zur Vermeidung von Synchronisationsfehlern
- Validierung der DTM-Segmente vor Versand:
- Automatisierte Prüfung, ob DTM+163 innerhalb von DTM+Z01 liegt.
- Abgleich mit dem Messstellenbetreiber, falls Zeitstempel fehlen oder inkonsistent sind.
- Eindeutige Zuordnung von QTY und DTM+163:
- Jeder Messwert (QTY) muss mit einem eigenen DTM+163 verknüpft sein.
- Bei Lastgangdaten muss die zeitliche Abfolge der DTM+163-Segmente der tatsächlichen Messreihenfolge entsprechen.
- Fehlerbehandlung und Eskalation:
- Automatisierte Fehlermeldungen bei inkonsistenten Zeitstempeln.
- Klare Prozessdefinitionen für die manuelle Korrektur (z. B. Rückfrage beim Netzbetreiber).
- Regelmäßige Datenqualitätsprüfungen:
- Stichprobenkontrollen der MSCONS-Nachrichten.
- Monitoring-Systeme, die Inkonsistenzen in Echtzeit erkennen.
5. Fazit
Die zeitliche Abfolge und logische Verknüpfung der DTM-Segmente in MSCONS-Nachrichten ist kritisch für die korrekte Interpretation von Messwerten. Inkonsistenzen führen zu:
- Abrechnungsfehlern,
- Prozessstörungen,
- erhöhten manuellen Aufwänden und
- regulatorischen Risiken.
Netzbetreiber und Lieferanten müssen sicherstellen, dass DTM+Z01 und DTM+163 synchronisiert sind und jeder Messwert (QTY) eindeutig einem Erfassungszeitpunkt zugeordnet ist. Automatisierte Validierungsmechanismen und klare Fehlerbehandlungsprozesse sind essenziell, um die Datenqualität zu gewährleisten.