Willi Mako
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Dynamische Artikelnummern: Einfluss auf Marktkommunikation & EDI

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Einfluss dynamischer Artikelnummern-Codes (z. B. QTY+136) auf die langfristige Konsistenz und Interoperabilität in der Marktkommunikation

1. Hintergrund und regulatorische Einordnung

Die dynamische Erweiterung von Artikelnummern-Codes, wie sie im Rahmen der EDI@Energy-Codeliste (z. B. durch Präfixe wie QTY+136) vorgenommen wird, dient der flexiblen Abbildung spezifischer Geschäftsvorfälle in der energiewirtschaftlichen Marktkommunikation. Solche Anpassungen sind insbesondere in komplexen Prozessen zwischen Netzbetreibern, Lieferanten und Messstellenbetreibern relevant, etwa bei der Abrechnung von Netznutzungsentgelten, Messdienstleistungen oder der Umsetzung regulatorischer Vorgaben wie der MaKo 2020 (Marktkommunikation 2020) oder der GPKE (Geschäftsprozesse zur Kundenbelieferung mit Elektrizität).

Regulatorische Rahmenwerke wie die MaKo 2020 und die GPKE zielen auf eine standardisierte, maschinenlesbare und interoperable Datenübertragung ab. Dynamische Codes können hier sowohl Chancen (z. B. Anpassungsfähigkeit an neue Anforderungen) als auch Risiken (z. B. Inkonsistenzen durch uneinheitliche Interpretationen) bergen.


2. Auswirkungen auf die Konsistenz der Marktkommunikation

2.1 Vorteile dynamischer Codes

  • Flexibilität bei neuen Anforderungen: Dynamische Erweiterungen ermöglichen es, kurzfristig auf regulatorische oder technische Änderungen zu reagieren (z. B. neue Messverfahren oder Abrechnungsmodalitäten), ohne die gesamte Codeliste neu definieren zu müssen. Beispiel: Der Code QTY+136 könnte für eine spezifische Mengeneinheit in der Abrechnung von Blindarbeit oder Lastgangdaten genutzt werden, die in der ursprünglichen Codeliste nicht vorgesehen war.

  • Detaillierte Abbildung von Geschäftsvorfällen: Durch Präfixe oder Suffixe lassen sich kontextspezifische Informationen (z. B. Zeitbezüge, regionale Besonderheiten) abbilden, was die Granularität der Daten erhöht.

2.2 Risiken für die langfristige Konsistenz

  • Uneinheitliche Interpretation: Dynamische Codes bergen das Risiko, dass Marktteilnehmer dieselben Codes unterschiedlich interpretieren. Dies kann zu Dateninkonsistenzen führen, insbesondere wenn keine zentrale Instanz (z. B. die BNetzA oder der BDEW) die Nutzung verbindlich regelt. Beispiel: Wird QTY+136 von einem Netzbetreiber für „Menge an Blindarbeit“ und von einem Lieferanten für „Menge an Ausgleichsenergie“ verwendet, führt dies zu Fehlern in der Abrechnung.

  • Verstoß gegen Standardisierungsvorgaben: Die MaKo 2020 und GPKE fordern explizit eindeutige, maschinenlesbare Codes, um die Automatisierung der Prozesse zu gewährleisten. Dynamische Erweiterungen können diese Eindeutigkeit untergraben, wenn sie nicht klar dokumentiert und kommuniziert werden.

  • Erhöhte Komplexität in der IT-Umsetzung: Systeme müssen dynamische Codes erkennen und verarbeiten können. Fehlt eine zentrale Pflege (z. B. durch regelmäßige Updates der EDI@Energy-Codeliste), steigt der Aufwand für Anpassungen in den IT-Systemen der Marktteilnehmer.


3. Auswirkungen auf die Interoperabilität

3.1 Herausforderungen für die technische Interoperabilität

  • Schnittstellenprobleme: Dynamische Codes erfordern, dass alle beteiligten Systeme (z. B. ERP-Systeme von Lieferanten, Abrechnungssysteme von Netzbetreibern) die Erweiterungen identisch interpretieren. Abweichungen führen zu Datenverlusten oder Fehlbuchungen. Beispiel: Ein Messstellenbetreiber übermittelt Daten mit QTY+136, doch das System des Netzbetreibers erkennt den Code nicht – die Daten werden ignoriert oder falsch zugeordnet.

  • Abhängigkeit von Dokumentation: Ohne verbindliche Dokumentation (z. B. in der EDI@Energy-Codeliste) ist die Bedeutung dynamischer Codes nicht nachvollziehbar. Dies erschwert die Plug-and-Play-Integration neuer Marktteilnehmer.

3.2 Regulatorische Konformität

  • Verstoß gegen MaKo 2020/GPKE: Die MaKo 2020 sieht vor, dass alle Marktprozesse auf standardisierten, verbindlichen Codes basieren. Dynamische Erweiterungen ohne klare Regelung können als Abweichung vom Standard gewertet werden und zu Compliance-Risiken führen. Relevante Regelungen:

    • § 4 MaKo 2020: „Die Marktkommunikation hat auf Basis einheitlicher, maschinenlesbarer Datenformate zu erfolgen.“
    • GPKE: „Codes müssen eindeutig und für alle Marktteilnehmer verbindlich sein.“
  • Prüfpflichten der Bundesnetzagentur (BNetzA): Die BNetzA überwacht die Einhaltung der Marktregeln. Bei häufigen Inkonsistenzen durch dynamische Codes könnte sie Anpassungen der Codeliste oder Sanktionen gegen nicht konforme Marktteilnehmer verhängen.


4. Empfehlungen für eine langfristig stabile Marktkommunikation

4.1 Zentrale Steuerung und Dokumentation

  • Verbindliche Pflege der EDI@Energy-Codeliste: Dynamische Codes sollten nur nach vorheriger Abstimmung mit dem BDEW oder der BNetzA eingeführt und in der offiziellen Codeliste dokumentiert werden.
  • Transparente Versionierung: Jede Erweiterung muss mit Versionshistorie, Gültigkeitszeitraum und Anwendungsbeispielen versehen sein, um Missverständnisse zu vermeiden.

4.2 Technische Maßnahmen

  • Validierungsmechanismen: Systeme sollten dynamische Codes automatisiert prüfen und bei unbekannten Erweiterungen eine Fehlermeldung auslösen, um Datenverluste zu verhindern.
  • Fallback-Lösungen: Für den Fall, dass ein Code nicht erkannt wird, sollten Standardwerte oder manuelle Korrekturprozesse definiert sein.

4.3 Regulatorische Klarstellung

  • Ergänzung der MaKo 2020/GPKE: Die Regelwerke sollten explizit regeln, unter welchen Bedingungen dynamische Codes zulässig sind und wie sie zu dokumentieren sind.
  • Pilotphasen für neue Codes: Vor der flächendeckenden Einführung sollten dynamische Codes in kontrollierten Testumgebungen erprobt werden.

5. Fazit

Dynamische Artikelnummern-Codes wie QTY+136 bieten kurzfristige Flexibilität, bergen jedoch langfristige Risiken für Konsistenz und Interoperabilität. Um regulatorische Anforderungen wie die MaKo 2020 und GPKE zu erfüllen, ist eine kontrollierte, dokumentierte und zentral gesteuerte Nutzung unerlässlich. Marktteilnehmer sollten sich an verbindliche Standards halten und bei Bedarf Erweiterungen mit den zuständigen Gremien (BDEW, BNetzA) abstimmen, um Dateninkonsistenzen und Compliance-Verstöße zu vermeiden.