Einfluss der dynamischen Rollenzuordnung auf die logische Konsistenz von Fehlerprüfungen und systemische Risiken bei nicht synchronisierten Ausnahmeregeln
1. Dynamische Rollenzuordnung in temporären Prozesskonstellationen
In Marktprozessen wie REQOTE (Anfrage zur Angebotsabgabe) oder UTILMD (Stammdatenänderung) werden Rollen wie MSB (Messstellenbetreiber), ESA (Energieversorger mit Sonderaufgaben) oder LF (Lieferant) dynamisch zugewiesen. Diese Rollen sind nicht statisch, sondern hängen von der jeweiligen Prozessphase, dem BGM-Code (Business Message Identifier) und den beteiligten Marktpartnern ab.
Beispiel REQOTE mit BGM+Z57/Z93:
- Bei einer REQOTE mit BGM+Z57 wird die Rolle MSB (NAD+MR) und ESA (NAD+MS) geprüft.
- Bei BGM+Z93 wird stattdessen der LF (NAD+MS) als relevante Rolle betrachtet.
- Die Z17-Prüfung (Absender ist zum Zeitpunkt nicht dem Objekt zugeordnet) wird in diesen Fällen ausgesetzt, da der Prozess eine temporäre Rollenzuweisung vorsieht, die noch nicht in den Stammdaten abgebildet ist.
Beispiel UTILMD mit BGM+E01:
- Bei einer UTILMD mit BGM+E01 (Technikänderung an einer Lokation) wird die Z17-Prüfung ebenfalls deaktiviert, da der LF vor der offiziellen Zuordnung bereits Bestellungen durchführen darf (gemäß BDEW-Anwendungshilfe).
Diese dynamischen Rollenzuweisungen sind notwendig, um flexible Marktprozesse abzubilden, führen jedoch zu logischen Inkonsistenzen, wenn:
- Die Ausnahmeregeln (z. B. Z17-Umgehung) nicht mit den tatsächlichen Marktprozessen synchronisiert sind.
- Die Stammdaten (z. B. Lokationszuordnungen) nicht zeitnah aktualisiert werden.
- Die Prüfregeln nicht zwischen temporären und dauerhaften Rollen unterscheiden.
2. Systemische Risiken durch nicht synchronisierte Ausnahmeregeln
Wenn Ausnahmeregeln wie die Z17-Umgehung nicht mit den Marktprozessen (z. B. Technikänderungen an Lokationen) aktualisiert werden, entstehen folgende systemische Risiken:
a) Inkonsistente Datenhaltung und Prozessfehler
- Problem: Wenn ein LF eine Bestellung für eine Lokation durchführt, bevor er offiziell zugeordnet ist, aber die Z17-Prüfung trotzdem aktiv bleibt, führt dies zu falschen Fehlermeldungen.
- Folge:
- Manuelle Nachbearbeitung durch Marktpartner, da automatisierte Prozesse unterbrochen werden.
- Verzögerungen in der Abwicklung, da Transaktionen manuell freigegeben werden müssen.
- Doppelte Datenpflege, wenn Stammdaten und temporäre Rollen nicht synchronisiert sind.
b) Sicherheits- und Compliance-Risiken
- Problem: Die Z17-Prüfung dient als Sicherheitsmechanismus, um unautorisierte Zugriffe auf Lokationen zu verhindern. Wenn diese Prüfung in bestimmten Fällen systematisch umgangen wird, ohne dass die Marktregeln dies klar definieren, entsteht ein Sicherheitsrisiko.
- Folge:
- Unautorisierte Transaktionen können unbemerkt bleiben, wenn die Prüfung in falschen Konstellationen deaktiviert wird.
- Compliance-Verstöße, da Marktregeln (z. B. MaBiS, GPKE) eine korrekte Zuordnung vorschreiben.
c) Erhöhte Fehleranfälligkeit durch manuelle Eingriffe
- Problem: Wenn Ausnahmeregeln nicht klar dokumentiert oder automatisiert sind, müssen Marktpartner manuell entscheiden, ob eine Z17-Prüfung anzuwenden ist.
- Folge:
- Menschliche Fehler durch falsche Interpretation der Regeln.
- Intransparente Prozesse, da nicht nachvollziehbar ist, warum bestimmte Prüfungen deaktiviert wurden.
- Erhöhte Supportaufwände, da Marktpartner bei Fehlermeldungen nachfragen müssen.
d) Technische Schulden und Wartungsprobleme
- Problem: Wenn Ausnahmeregeln ad-hoc in die Systeme implementiert werden (z. B. durch Patchwork-Lösungen), führt dies zu:
- Schwer wartbaren Codebasen, da die Logik nicht zentral gesteuert wird.
- Inkompatibilitäten bei Updates, wenn neue Marktprozesse eingeführt werden.
- Erhöhten Testaufwand, da jede Änderung auf Nebenwirkungen geprüft werden muss.
3. Lösungsansätze zur Sicherstellung der logischen Konsistenz
Um die genannten Risiken zu minimieren, sollten folgende Maßnahmen ergriffen werden:
| Maßnahme | Beschreibung | Umsetzung |
|---|---|---|
| Automatisierte Synchronisation von Ausnahmeregeln | Die Z17-Prüfung sollte dynamisch aktiviert/deaktiviert werden, basierend auf: - BGM-Code - Rollenzuweisung (MSB/ESA/LF) - Prozessphase (z. B. Technikänderung vor Zuordnung) |
Implementierung einer Regel-Engine, die Prüfungen kontextabhängig steuert. |
| Klare Dokumentation der Ausnahmen | Alle Ausnahmeregeln (z. B. Z17-Umgehung bei BGM+Z57/Z93/E01) müssen zentral und versioniert dokumentiert werden. | Pflege in der BDEW-Anwendungshilfe und Marktregeln (GPKE, MaBiS). |
| Stammdatenaktualisierung in Echtzeit | Lokationszuordnungen müssen sofort in den Systemen aller Marktpartner aktualisiert werden, um Inkonsistenzen zu vermeiden. | Nutzung von EDIFACT-Nachrichten (UTILMD) mit Priorisierung. |
| Monitoring und Alerting | Automatisierte Überwachung, ob Ausnahmeregeln korrekt angewendet werden. | Einrichtung von Logging-Mechanismen und Fehlerbenachrichtigungen. |
| Regelmäßige Reviews der Prüfregeln | Die Z17-Prüfung und ihre Ausnahmen müssen quartalsweise auf Aktualität geprüft werden. | Durchführung von Marktprozess-Audits mit allen Beteiligten. |
4. Fazit
Die dynamische Rollenzuordnung in temporären Prozesskonstellationen (REQOTE, UTILMD) ist notwendig, um flexible Marktprozesse abzubilden. Allerdings führt sie zu logischen Inkonsistenzen, wenn Ausnahmeregeln wie die Z17-Umgehung nicht synchron mit den Marktprozessen aktualisiert werden.
Die systemischen Risiken umfassen: ✔ Dateninkonsistenzen durch manuelle Nachbearbeitung ✔ Sicherheitslücken durch deaktivierte Prüfungen ✔ Compliance-Verstöße durch nicht eingehaltene Marktregeln ✔ Technische Schulden durch schwer wartbare Systeme
Eine automatisierte, regelbasierte Steuerung der Prüfungen, kombiniert mit Echtzeit-Stammdatenaktualisierungen und klarer Dokumentation, ist essenziell, um diese Risiken zu minimieren. Marktpartner sollten zudem regelmäßige Reviews durchführen, um sicherzustellen, dass die Prüfregeln den aktuellen Marktprozessen entsprechen.