Willi Mako
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Logische Inkonsistenzen in Zeitangaben: Risiken für Marktkommunikation

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TAGS [EDIFACT][PROZESS][GPKE][BILANZ][MESSWERT][LASTGANG][AGGREGATION][BILANZKREIS]

Auswirkungen logischer Inkonsistenzen in Zeitangaben auf die automatisierte Marktkommunikation und systemische Risiken durch fehlende Plausibilitätsprüfungen

1. Problemstellung: Logische Inkonsistenz zwischen Beginn- und Endzeitpunkt

In der Marktkommunikation, insbesondere bei der Übermittlung von Messwertanforderungen (z. B. via ORDERS-Nachrichten im EDIFACT-Format), sind präzise Zeitangaben für die Datenvalidierung und Prozesssteuerung essenziell. Eine logische Inkonsistenz – wie ein Endzeitpunkt vor dem Beginnzeitpunkt (z. B. DTM+163: 01.01.2016 07:00 vs. DTM+164: 01.01.2016 06:00) – führt zu grundlegenden Fehlern in der Datenverarbeitung. Diese Inkonsistenz untergräbt die Integrität der gesamten Prozesskette, da Zeitstempel als zentrale Steuerungsparameter für Abrechnung, Prognosen und Netzmanagement dienen.


2. Auswirkungen auf die automatisierte Prozesskette

2.1 Störungen in der Datenverarbeitung

Automatisierte Systeme der Marktkommunikation (z. B. Marktprozesse für Einspeisung und Entnahme oder Bilanzkreisabrechnung) basieren auf chronologisch konsistenten Zeitreihen. Eine falsche Zeitangabe löst folgende Kettenreaktionen aus:

  • Ablehnung der Nachricht (Reject): Viele Validierungsroutinen prüfen lediglich die Syntax (z. B. korrektes Datumsformat), nicht jedoch die logische Konsistenz der Zeitangaben. Fehlt eine Plausibilitätsprüfung, wird die Nachricht zwar formal akzeptiert, führt aber in späteren Schritten zu Fehlern (z. B. bei der Aggregation von Messwerten).

  • Fehlerhafte Datenaggregation: Systeme zur Lastgangbilanzierung oder Prognoseberechnung interpretieren inkonsistente Zeitstempel als negative Zeitintervalle. Dies führt zu:

    • Falschen Verbrauchswerten (z. B. negative kWh-Werte),
    • Fehlberechnungen in der Bilanzkreisabrechnung (z. B. fälschliche Ausgleichsenergiebedarfe),
    • Verzerrten Prognosemodellen (z. B. für Stromhandel oder Netzstabilität).
  • Manuelle Nachbearbeitung: Inkonsistente Zeitangaben erfordern manuelle Korrekturen durch Marktteilnehmer oder Netzbetreiber. Dies verursacht:

    • Verzögerungen in der Abrechnung (z. B. verspätete Rechnungsstellung),
    • Erhöhten Kommunikationsaufwand (z. B. Rückfragen via APERAK-Nachrichten),
    • Kosten für Fehlerbehebung (z. B. Anpassung von Bilanzkreisverantwortlichen).

2.2 Systemische Risiken durch fehlende Plausibilitätsprüfungen

Fehlt eine automatisierte Prüfung auf logische Konsistenz, entstehen folgende Risiken:

  • Datenkorruption in zentralen Systemen: Inkonsistente Zeitstempel können in Datenbanken oder Data-Warehouse-Systemen (z. B. MaBiS oder GPKE) persistieren und zu langfristigen Fehlern in der Abrechnung führen. Beispiel:

    • Ein Netzbetreiber aggregiert Messwerte über mehrere Jahre und erhält aufgrund negativer Zeitintervalle falsche Summenwerte.
    • Bilanzkreisverantwortliche erhalten fehlerhafte Ausgleichsenergieabrechnungen, was zu finanziellen Verlusten führt.
  • Vertrauensverlust in die Marktkommunikation: Wiederkehrende Fehler untergraben das Vertrauen der Marktteilnehmer in die Zuverlässigkeit der Systeme. Dies kann zu:

    • Erhöhten Kontrollaufwänden (z. B. manuelle Plausibilitätschecks durch Lieferanten),
    • Rechtlichen Auseinandersetzungen (z. B. Streitigkeiten über Abrechnungsfehler),
    • Regulatorischen Eingriffen (z. B. Anpassung der MaKo-Prozesse durch die BNetzA) führen.
  • Sicherheitsrisiken für die Netzstabilität: Zeitstempel sind auch für die Echtzeit-Steuerung von Netzen relevant (z. B. bei der Ausregelung von Bilanzabweichungen). Inkonsistente Daten können zu:

    • Fehlsteuerungen in der Netzführung (z. B. falsche Lastprognosen),
    • Erhöhtem Regelenergiebedarf (da Abweichungen nicht korrekt erkannt werden),
    • Gefährdung der Versorgungssicherheit (im Extremfall) führen.

3. Lösungsansätze und Präventionsmaßnahmen

3.1 Technische Validierung

  • Erweiterte Plausibilitätsprüfungen: Systeme sollten standardmäßig prüfen, ob der Endzeitpunkt (DTM+164) nach dem Beginnzeitpunkt (DTM+163) liegt. Bei Verletzung dieser Regel sollte die Nachricht mit einem Fehlercode (z. B. APERAK: "E01 – Inkonsistente Zeitangabe") zurückgewiesen werden.
  • Automatisierte Korrekturvorschläge: Bei erkennbaren Tippfehlern (z. B. 06:00 statt 07:00) könnte das System eine Warnung mit Korrekturhinweis generieren (z. B. "DTM+164 liegt vor DTM+163 – bitte prüfen").

3.2 Prozessuale Maßnahmen

  • Schulung der Marktteilnehmer: Schulungen zur korrekten Verwendung von Zeitstempeln in ORDERS- und APERAK-Nachrichten können Fehlerquellen reduzieren.
  • Regulatorische Vorgaben: Die Bundesnetzagentur (BNetzA) könnte in den MaKo-Prozessen verbindliche Plausibilitätsregeln für Zeitangaben festlegen (z. B. als Teil der GPKE- oder MaBiS-Vorgaben).

3.3 Systemische Absicherung

  • Redundante Prüfungen: Neben der initialen Validierung sollten auch nachgelagerte Systeme (z. B. Abrechnungsplattformen) Zeitstempel auf Konsistenz prüfen.
  • Dokumentation und Monitoring: Alle inkonsistenten Zeitangaben sollten protokolliert und analysiert werden, um systematische Fehlerquellen zu identifizieren.

4. Fazit

Logische Inkonsistenzen in Zeitangaben stellen ein systemisches Risiko für die automatisierte Marktkommunikation dar. Sie führen zu fehlerhaften Abrechnungen, erhöhten Betriebskosten und potenziellen Sicherheitsrisiken für die Netzstabilität. Durch technische Plausibilitätsprüfungen, prozessuale Schulungen und regulatorische Vorgaben können diese Risiken minimiert werden. Eine konsequente Validierung von Zeitstempeln ist daher unerlässlich, um die Integrität der Marktprozesse zu gewährleisten.