Auswirkungen der exklusiven Bindung der Prüflogik an spezifische MSCONS-Ausprägungen (VL/BGM+7) auf Flexibilität und Fehleranfälligkeit im Marktkommunikationsprozess
1. Grundlegende Problematik der exklusiven Bindung
Die Festlegung der Prüflogik auf bestimmte MSCONS-Ausprägungen (hier: VL und BGM+7 in der Sparte Strom) führt zu einer technischen und prozessualen Inflexibilität, die sich insbesondere bei regulatorischen Änderungen oder Formatweiterentwicklungen nachteilig auswirkt. Diese Bindung bedeutet, dass die Validierungs- und Verarbeitungsregeln ausschließlich für diese spezifischen Formate gelten, während andere Ausprägungen oder zukünftige Anpassungen des MSCONS-Standards nicht berücksichtigt werden.
2. Auswirkungen auf die Flexibilität des Marktkommunikationsprozesses
2.1. Einschränkung bei Formatänderungen
MSCONS (Message for Consumption Data Exchange) unterliegt als EDIFACT-basiertes Format regelmäßigen Anpassungen, etwa durch:
- Regulatorische Vorgaben (z. B. neue Meldepflichten nach EnWG oder MaKo 202x),
- Technische Weiterentwicklungen (z. B. Einführung neuer Segmentstrukturen oder Codes),
- Branchenspezifische Anforderungen (z. B. Integration zusätzlicher Metadaten für Smart Metering).
Eine exklusive Bindung an VL/BGM+7 führt dazu, dass:
- Neue MSCONS-Versionen oder -Varianten nicht automatisch unterstützt werden, selbst wenn sie funktional äquivalent sind.
- Anpassungen der Prüflogik manuell und mit hohem Aufwand erfolgen müssen, da die bestehende Implementierung nicht modular erweiterbar ist.
- Parallelbetrieb unterschiedlicher Formate erforderlich wird, was zu zusätzlichen Schnittstellen und erhöhtem Wartungsaufwand führt.
2.2. Abhängigkeit von spezifischen Implementierungen
Die Prüflogik ist oft eng mit der technischen Umsetzung (z. B. Parser, Validatoren, Datenbankstrukturen) verknüpft. Änderungen an der MSCONS-Struktur erfordern daher:
- Neuprogrammierung oder Konfiguration der Prüfregeln,
- Test- und Zertifizierungsaufwand für die geänderten Prozesse,
- Schulungen für Mitarbeiter und Marktpartner.
Dies verzögert die Reaktionsfähigkeit auf neue Anforderungen und erhöht die Komplexität des Gesamtsystems.
2.3. Hindernis für Interoperabilität
Da nicht alle Marktteilnehmer dieselben MSCONS-Ausprägungen nutzen (z. B. aufgrund unterschiedlicher Systemlandschaften oder regionaler Besonderheiten), führt die exklusive Bindung zu:
- Inkompatibilitäten mit Partnern, die abweichende Formate verwenden,
- Manuellen Nachbearbeitungen oder Konvertierungen, die Fehlerquellen darstellen,
- Erhöhtem Abstimmungsbedarf zwischen Netzbetreibern, Lieferanten und Messstellenbetreibern.
3. Erhöhte Fehleranfälligkeit
3.1. Risiko von Falschinterpretationen
Die Prüflogik ist auf die syntaktischen und semantischen Besonderheiten von VL/BGM+7 ausgelegt. Bei Abweichungen (z. B. fehlende oder zusätzliche Segmente) kann es zu:
- Fehlinterpretationen von Daten (z. B. falsche Zuordnung von Zählpunkten oder Verbrauchswerten),
- Ablehnungen gültiger Nachrichten (False Positives) oder
- Akzeptanz fehlerhafter Nachrichten (False Negatives) kommen.
3.2. Fehlerfortpflanzung bei Formatänderungen
Werden MSCONS-Formate aktualisiert, ohne dass die Prüflogik entsprechend angepasst wird, entstehen:
- Dateninkonsistenzen, da neue Felder nicht validiert oder falsch zugeordnet werden,
- Prozessabbrüche, wenn erwartete Segmente fehlen oder in anderer Reihenfolge auftreten,
- Nachbearbeitungsaufwand, da fehlerhafte Daten manuell korrigiert werden müssen.
3.3. Abhängigkeit von Legacy-Systemen
Viele Marktteilnehmer nutzen ältere Systeme, die nicht ohne Weiteres an neue MSCONS-Ausprägungen angepasst werden können. Die exklusive Bindung an VL/BGM+7 führt dazu, dass:
- Modernisierungen verzögert werden, da bestehende Prozesse nicht ohne Risiko geändert werden können,
- Workarounds (z. B. manuelle Eingriffe oder Konvertierungstools) eingeführt werden, die zusätzliche Fehlerquellen darstellen.
4. Empfehlungen zur Verbesserung der Flexibilität
Um die genannten Probleme zu minimieren, sollten folgende Maßnahmen erwogen werden:
Modulare Prüflogik
- Entwicklung einer abstrahierten Validierungsschicht, die unabhängig von spezifischen MSCONS-Ausprägungen arbeitet.
- Nutzung von Konfigurationsdateien oder Regel-Engines, die Prüfkriterien dynamisch anpassen können.
Standardisierte Schnittstellen
- Einführung von generischen MSCONS-Parsern, die verschiedene Ausprägungen unterstützen (z. B. durch Mapping-Tabellen).
- Nutzung von Branchennormen (z. B. BDEW-Leitfäden) zur Vereinheitlichung der Dateninterpretation.
Automatisierte Testverfahren
- Implementierung von Regressionstests, die bei Formatänderungen automatisch prüfen, ob die Prüflogik weiterhin korrekt funktioniert.
- Nutzung von Sandbox-Umgebungen, um neue MSCONS-Versionen vor der Produktivsetzung zu testen.
Dokumentation und Schulung
- Klare Spezifikation der unterstützten Formate und ihrer Abweichungen.
- Regelmäßige Schulungen für Mitarbeiter und Marktpartner zu Änderungen im MSCONS-Standard.
5. Fazit
Die exklusive Bindung der Prüflogik an VL/BGM+7 führt zu einer erheblichen Einschränkung der Flexibilität und erhöht die Fehleranfälligkeit des Marktkommunikationsprozesses. Regulatorische oder technische Änderungen erfordern aufwendige Anpassungen, die mit Risiken für Datenqualität und Prozessstabilität verbunden sind. Eine modularere und standardkonformere Gestaltung der Prüflogik würde die Anpassungsfähigkeit verbessern und langfristig die Effizienz der Marktkommunikation steigern.