Einfluss hierarchischer Abhängigkeiten zwischen Muss- und Kann-Feldern auf Prozesssicherheit, Datenqualität und Compliance in der Marktkommunikation
1. Hierarchische Feldlogik und ihre Bedeutung für die Prozesssicherheit
In der Marktkommunikation (MaKo) nach DVGW-Arbeitsblatt G 685 und den Vorgaben des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sind Datenfelder wie CTA (Contractual Technical Agreement), IC (Informationskontakt) und COM (Communication) nicht isoliert zu betrachten, sondern unterliegen einer logischen Abhängigkeitsstruktur. Diese Hierarchie – insbesondere die Bedingung, dass COM als Muss-Feld gilt, sobald CTA+IC vorhanden sind – dient der Konsistenzsicherung und Prozessstandardisierung.
Prozesssicherheit durch Redundanzvermeidung: Die Abhängigkeit stellt sicher, dass Kommunikationsdaten (COM) nur dann verpflichtend sind, wenn bereits eine technische oder vertragliche Grundlage (CTA+IC) existiert. Dies verhindert inkonsistente Datensätze, bei denen z. B. Kommunikationswege erfasst werden, ohne dass ein zugehöriger Vertrag oder Ansprechpartner definiert ist. Ohne diese Logik bestünde das Risiko von Datenleichen (veraltete oder irrelevante Einträge) oder Doppelerfassungen, die die Nachverfolgbarkeit von Marktprozessen erschweren.
Automatisierte Plausibilitätsprüfung: Moderne MaKo-Systeme (z. B. EDI@Energy-Schnittstellen) nutzen solche Hierarchien für automatisierte Validierungen. Fehlt bei vorhandenem CTA+IC das COM-Feld, wird der Datensatz als unvollständig markiert und kann nicht weiterverarbeitet werden. Dies reduziert manuelle Fehler und beschleunigt die Datenfreigabe in Prozessen wie Lieferantenwechsel oder Netznutzungsabrechnung.
2. Risiken bei Nichtbeachtung der Feldlogik
Die Missachtung der hierarchischen Abhängigkeiten hat direkte Auswirkungen auf Datenqualität, operative Prozesse und regulatorische Compliance:
a) Datenqualität: Inkonsistenzen und Fehleranfälligkeit
Fehlende Referenzintegrität: Ohne COM bei vorhandenem CTA+IC entstehen isolierte Datensätze, die keine klare Zuordnung von Kommunikationswegen zu Verträgen oder Ansprechpartnern ermöglichen. Dies führt zu:
- Unklare Verantwortlichkeiten (z. B. bei Störungsmeldungen oder Rechnungsreklamationen).
- Erhöhtem manuellen Korrekturaufwand, da fehlende COM-Einträge nachträglich ergänzt werden müssen.
- Datenfragmentierung, wenn Teilinformationen in unterschiedlichen Systemen (z. B. CRM, ERP) gepflegt werden.
Erhöhte Fehlerquote in Marktprozessen: Fehlende COM-Daten können automatisierte Prozesse blockieren, z. B.:
- Lieferantenwechsel: Ohne definierte Kommunikationswege scheitert die Übermittlung von Wechselbestätigungen.
- Abrechnungsprozesse: Fehlende E-Mail-Adressen oder Telefonnummern führen zu Verzögerungen bei der Zustellung von Rechnungen oder Mahnungen.
b) Regulatorische Compliance: Verstöße gegen MaKo-Vorgaben
Die hierarchische Feldlogik ist kein optionaler Standard, sondern leitet sich aus bindenden Vorgaben ab, darunter:
- DVGW G 685 (Gasmarktkommunikation): Verpflichtet Netzbetreiber und Lieferanten zur Einhaltung definierter Datenstrukturen.
- BDEW-Leitfaden Marktkommunikation: Definiert COM als Pflichtfeld bei vorhandenem CTA+IC (vgl. Kontext, Anmerkung [1]).
- EnWG § 20a (Energiewirtschaftsgesetz): Fordert eine diskriminierungsfreie und transparente Marktkommunikation, was ohne konsistente Daten nicht gewährleistet ist.
Konkrete Compliance-Risiken:
- Bußgelder und Sanktionen: Die Bundesnetzagentur (BNetzA) kann bei wiederholten Verstößen gegen MaKo-Vorgaben Ordnungswidrigkeitenverfahren einleiten (vgl. EnWG § 95). Fehlende COM-Daten bei vorhandenem CTA+IC gelten als formeller Mangel, der die Anerkennung von Marktprozessen gefährdet.
- Vertragsstrafen: In Lieferverträgen sind oft Service-Level-Agreements (SLAs) vereinbart, die eine fehlerfreie Datenübermittlung voraussetzen. Verzögerungen durch unvollständige Datensätze können zu Pönalen führen.
- Reputationsschäden: Inkonsistente Daten führen zu Kundenbeschwerden (z. B. wegen fehlender Rechnungszustellung) und untergraben das Vertrauen in die Prozesssicherheit des Marktpartners.
c) Operative Risiken: Prozessverzögerungen und Kosten
- Manuelle Nachbearbeitung:
Fehlende COM-Daten erfordern manuelle Eingriffe, z. B. durch:
- Rückfragen bei Marktpartnern (erhöht den Kommunikationsaufwand).
- Nacherfassung in Systemen (bindet Personalressourcen).
- Systembrüche:
Automatisierte Workflows (z. B. in SAP IS-U oder customisierten MaKo-Tools) scheitern, wenn Muss-Felder nicht befüllt sind. Dies führt zu:
- Prozessabbrüchen (z. B. bei der Erstellung von Netznutzungsverträgen).
- Dateninkonsistenzen zwischen verschiedenen Systemen (z. B. CRM vs. Abrechnungssystem).
3. Praktische Maßnahmen zur Risikominimierung
Um die Einhaltung der hierarchischen Feldlogik sicherzustellen, sollten folgende Schritte implementiert werden:
| Maßnahme | Umsetzung | Wirkung |
|---|---|---|
| Automatisierte Validierung | Integration von Plausibilitätsprüfungen in MaKo-Software (z. B. "COM muss bei CTA+IC vorhanden sein"). | Verhindert unvollständige Datensätze bereits bei der Erfassung. |
| Schulungen | Regelmäßige Schulungen für Mitarbeiter zu MaKo-Vorgaben und Feldabhängigkeiten. | Reduziert manuelle Fehler durch Unwissenheit. |
| Datenqualitäts-Monitoring | Einrichtung von Dashboards zur Überwachung von Feldbefüllungsquoten (z. B. % fehlender COM bei CTA+IC). | Ermöglicht frühzeitige Korrekturmaßnahmen. |
| Dokumentation | Klare Prozessdokumentation mit Beispielen für korrekte Feldbefüllung. | Schafft Transparenz für alle Marktpartner. |
| Schnittstellenprüfung | Regelmäßige Tests von EDI-Schnittstellen auf Einhaltung der Feldlogik. | Verhindert Systemfehler bei der Datenübermittlung. |
4. Fazit
Die hierarchische Abhängigkeit zwischen Muss- und Kann-Feldern (z. B. COM als Muss bei vorhandenem CTA+IC) ist kein technisches Detail, sondern ein zentraler Baustein für Prozesssicherheit und Compliance in der Marktkommunikation. Ihre Nichtbeachtung führt zu:
- Dateninkonsistenzen, die operative Prozesse behindern,
- Compliance-Verstößen, die regulatorische Sanktionen nach sich ziehen,
- erhöhten Kosten durch manuelle Nacharbeit und Systemanpassungen.
Netzbetreiber, Lieferanten und Dienstleister sind daher verpflichtet, diese Logik systemseitig zu erzwingen und durch kontinuierliche Qualitätssicherung abzusichern. Nur so lässt sich eine fehlerfreie, effiziente und rechtssichere Marktkommunikation gewährleisten.