Einfluss der Zuverlässigkeit der Objektzuordnung durch Geschäftsvorfall-Codes auf die Marktkommunikation in der Energiewirtschaft
1. Bedeutung der Objektzuordnung für die Marktkommunikation
Die korrekte Zuordnung von Geschäftsvorfällen (z. B. Lieferantenwechsel, Zählerstandsübermittlung oder Netzanschlussmeldungen) zu den jeweiligen Marktteilnehmern (Lieferanten, Netzbetreiber, Messstellenbetreiber) ist ein zentraler Baustein der digitalen Marktkommunikation in der Energiewirtschaft. Geschäftsvorfall-Codes (z. B. nach dem EDI@Energy-Standard oder MaBiS/GPKE) dienen dabei als Schlüssel zur Identifikation der betroffenen Objekte (z. B. Zählpunkte, Verträge, Anlagen). Eine fehlerhafte oder unvollständige Zuordnung führt zu:
- Prozessverzögerungen: Manuelle Nachbearbeitung, Klärungsaufwand zwischen Marktpartnern und erhöhte Durchlaufzeiten (z. B. bei Lieferantenwechseln oder Abrechnungsprozessen).
- Dateninkonsistenzen: Falsche Zuordnungen können zu fehlerhaften Abrechnungen, falschen Netznutzungsmeldungen oder inkonsistenten Stammdaten führen.
- Erhöhte Fehleranfälligkeit: Automatisierte Prozesse (z. B. in Marktkommunikationsplattformen oder EDI-Systemen) scheitern, wenn Codes nicht eindeutig interpretierbar sind, was zu Rückweisungen oder manuellen Korrekturen zwingt.
- Regulatorische Risiken: Verstöße gegen Fristen (z. B. nach EnWG § 40 oder MaBiS) können zu Bußgeldern oder Reputationsschäden führen.
2. Ursachen für Zuordnungsprobleme
Die Zuverlässigkeit der Objektzuordnung hängt von mehreren Faktoren ab:
- Qualität der Geschäftsvorfall-Codes: Unklare oder mehrdeutige Codes (z. B. fehlende Standardisierung bei neuen Prozessen wie iMSys-Einbau) führen zu Interpretationsspielräumen.
- Stammdatenpflege: Fehlende oder veraltete Stammdaten (z. B. Zählpunktbezeichnungen, Vertragsnummern) erschweren die automatische Zuordnung.
- Schnittstellenprobleme: Inkompatible Datenformate zwischen Systemen (z. B. EDIFACT vs. XML) oder fehlende Plausibilitätsprüfungen bei der Datenübernahme.
- Menschliche Fehler: Manuelle Eingaben (z. B. bei Sonderfällen wie Mehrfachlieferantenwechseln) erhöhen das Risiko falscher Zuordnungen.
3. Regulatorische und prozessuale Hebel zur Risikoreduktion
Um die Abhängigkeit von der Zuverlässigkeit der Objektzuordnung zu verringern, existieren folgende Ansätze:
A. Regulatorische Vorgaben
- Standardisierung der Codes: Die Bundesnetzagentur (BNetzA) und der BDEW arbeiten an einer kontinuierlichen Weiterentwicklung der EDI@Energy-Standards, um Codes präziser zu definieren (z. B. durch MaKo 2020+ oder GPKE 2.0). Beispiel: Die Einführung eindeutiger Prozessreferenznummern für komplexe Vorfälle.
- Verpflichtende Stammdatenqualität: Die MaBiS (Marktregeln für die Durchführung der Bilanzkreisabrechnung Strom) und GPKE (Geschäftsprozesse zur Kundenbelieferung mit Elektrizität) schreiben vor, dass Marktteilnehmer ihre Stammdaten regelmäßig aktualisieren müssen. Verstöße können sanktioniert werden.
- Automatisierte Plausibilitätsprüfungen: Die BNetzA fordert in ihren Festlegungen (z. B. BK6-18-032) zunehmend maschinelle Validierungen von Geschäftsvorfällen, um fehlerhafte Zuordnungen frühzeitig zu erkennen.
B. Prozessuale Maßnahmen
- Datenvalidierung vor Versand: Marktteilnehmer sollten Pre-Processing-Tools einsetzen, die Geschäftsvorfälle auf Vollständigkeit und Konsistenz prüfen (z. B. Abgleich mit Stammdatenbanken).
- Eindeutige Referenzierung: Nutzung von globalen Identifikatoren (z. B. Zählpunktbezeichnung nach § 14 EnWG) statt interner Nummernkreise, um Verwechslungen zu vermeiden.
- Fehlerbehandlungsprozesse: Klare Eskalationswege für nicht zuordenbare Vorfälle (z. B. automatische Rückmeldung an den Absender mit Fehlercode) reduzieren manuellen Aufwand.
- Schulungen und Qualitätsmanagement: Regelmäßige Schulungen der Mitarbeiter zu EDI-Standards und Stammdatenpflege sowie die Einführung von Qualitätskennzahlen (z. B. Fehlerquote pro 1.000 Vorfälle) verbessern die Datenqualität.
C. Technologische Lösungen
- Künstliche Intelligenz (KI): Algorithmen können Muster in fehlerhaften Zuordnungen erkennen und automatisiert Korrekturvorschläge unterbreiten (z. B. bei ähnlichen Zählpunktbezeichnungen).
- Blockchain-basierte Stammdaten: Dezentrale Datenbanken (z. B. für Zählpunktstammdaten) könnten die Konsistenz zwischen Marktpartnern erhöhen, indem Änderungen in Echtzeit synchronisiert werden.
- API-Integration: Direkte Schnittstellen zwischen Marktkommunikationsplattformen (z. B. EDM-Portal) und ERP-Systemen reduzieren manuelle Eingriffe und damit Fehlerquellen.
4. Fazit
Die Zuverlässigkeit der Objektzuordnung durch Geschäftsvorfall-Codes ist ein kritischer Faktor für die Effizienz der Marktkommunikation. Während regulatorische Vorgaben (z. B. MaBiS, GPKE) die Rahmenbedingungen setzen, liegt die operative Verantwortung bei den Marktteilnehmern. Durch Standardisierung, Automatisierung und Qualitätsmanagement lässt sich die Fehleranfälligkeit deutlich reduzieren. Langfristig werden KI-gestützte Systeme und dezentrale Datenhaltung die Robustheit der Prozesse weiter erhöhen – vorausgesetzt, die Branche setzt diese Technologien konsequent um.