Willi Mako
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Risikoverteilung bei Gerätenummer-Inkonsistenzen in MSCONS

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Risikoverteilung und prozessuale Handhabung von Inkonsistenzen zwischen Gerätenummer und Messlokation in MSCONS-Nachrichten (VL)

1. Auswirkungen fehlender Synchronisation auf die Risikoverteilung

Die fehlende Übereinstimmung zwischen der in einer MSCONS-Nachricht (VL) übermittelten Gerätenummer und der tatsächlichen Messlokation führt zu rechtlichen, bilanziellen und operativen Risiken, die sich ungleich auf die Marktrollen Lieferant (LF), Netzbetreiber (NB) und Messstellenbetreiber (MSB) verteilen. Die Risikoverteilung hängt dabei von der Ursache der Inkonsistenz und den regulatorischen Rahmenbedingungen ab:

1.1 Bilanzielle Risiken (Lieferant & Netzbetreiber)
  • Lieferant (LF):

    • Fehlallokation von Energiemengen: Wird eine falsche Gerätenummer zugeordnet, können Verbräuche oder Einspeisungen falsch bilanziert werden. Dies führt zu Bilanzkreisabweichungen, die der LF ausgleichen muss (§ 12 StromNZV).
    • Rückwirkende Korrekturen: Bei nachträglicher Aufdeckung der Inkonsistenz müssen Bilanzkreisverantwortliche (BKV) und LF ggf. Rückabwicklungen vornehmen, was zu finanziellen Verlusten führt.
    • Regulatorische Sanktionen: Bei systematischen Fehlern drohen Bußgelder nach § 95 EnWG, wenn die Datenqualität nicht den Anforderungen der BNetzA entspricht.
  • Netzbetreiber (NB):

    • Netzabrechnung: Der NB ist für die korrekte Zuordnung von Messwerten zu Netzpunkten verantwortlich. Fehlende Synchronisation kann zu falschen Netznutzungsabrechnungen führen, was Regressansprüche des LF oder MSB nach sich ziehen kann.
    • Datenhoheit: Der NB muss nachweisen, dass die übermittelten Daten der tatsächlichen Messlokation entsprechen. Bei Fehlern haftet er für falsche Netzentgelte (§ 17 StromNEV).
    • Prozessrisiko: Werden Inkonsistenzen erst in der Jahresabrechnung entdeckt, sind aufwendige Nachberechnungen erforderlich, die zusätzliche Kosten verursachen.
1.2 Operative Risiken (Messstellenbetreiber)
  • MSB als Datenlieferant:
    • Der MSB ist für die korrekte Erfassung und Übermittlung der Messwerte verantwortlich. Fehlt die Synchronisation, kann dies auf technische Defekte (z. B. falsche Zählerparametrierung) oder manuelle Fehler (z. B. falsche Gerätenummer im System) zurückzuführen sein.
    • Haftung für Datenqualität: Nach § 55 MsbG muss der MSB sicherstellen, dass die Messwerte plausibel und vollständig sind. Bei Fehlern drohen Vertragsstrafen oder Schadensersatzforderungen des LF oder NB.
    • Prozessverzögerungen: Inkonsistenzen führen zu Nachfragen und Klärungsaufwand, was die Abrechnungsprozesse verzögert und die Kundenzufriedenheit beeinträchtigt.
1.3 Rechtliche Risiken (alle Marktrollen)
  • Vertragliche Pflichten:
    • Die GPKE (Geschäftsprozesse zur Kundenbelieferung mit Elektrizität) und GeLi Gas sehen vor, dass alle Marktteilnehmer konsistente und valide Daten austauschen. Verstöße können als Vertragsverletzung gewertet werden.
    • Beweislast: Im Streitfall muss derjenige, der die Inkonsistenz verursacht hat, nachweisen, dass er seine Sorgfaltspflichten erfüllt hat. Dies ist besonders relevant, wenn mehrere Parteien an der Datenkette beteiligt sind.
  • Regulatorische Compliance:
    • Die BNetzA überwacht die Einhaltung der MaBiS (Marktregeln für die Durchführung der Bilanzkreisabrechnung Strom) und GaBi Gas. Systematische Fehler können zu Aufsichtsverfahren führen.

2. Prozessuale Hebel zur frühzeitigen Erkennung und regulatorisch konformen Behandlung

Um Inkonsistenzen zwischen Gerätenummer und Messlokation zu vermeiden, sind technische, organisatorische und prozessuale Maßnahmen erforderlich. Die folgenden Ansätze helfen, Fehler frühzeitig zu erkennen und konform zu behandeln:

2.1 Automatisierte Plausibilitätsprüfungen (technisch)
  • Echtzeit-Validierung in EDI-Systemen:
    • MSCONS-Nachrichten sollten automatisiert gegen Stammdaten (z. B. Geräteverzeichnis des NB, Messlokationsregister) geprüft werden.
    • Beispiel: Ein Abgleich der Gerätenummer mit der Marktlokations-ID (MaLo-ID) oder Messlokations-ID (MeLo-ID) kann Inkonsistenzen sofort aufdecken.
  • Regelbasierte Warnsysteme:
    • Business-Rule-Engines (z. B. in SAP IS-U oder spezialisierten Marktkommunikationslösungen) können Abweichungen zwischen übermittelten und erwarteten Gerätenummern erkennen.
    • Beispiel: Eine Warnung wird ausgelöst, wenn eine Gerätenummer in einer VL-Nachricht erscheint, die nicht im aktuellen Zählerstandsregister des NB verzeichnet ist.
  • Datenqualitäts-Monitoring:
    • KPIs zur Fehlerhäufigkeit (z. B. Anteil der Nachrichten mit Gerätenummern-Diskrepanzen) sollten regelmäßig ausgewertet werden, um systematische Fehlerquellen zu identifizieren.
2.2 Organisatorische Maßnahmen (prozessual)
  • Klare Verantwortlichkeiten in der Datenkette:
    • MSB: Muss sicherstellen, dass die Gerätenummer korrekt im Zähler parametriert und an den NB übermittelt wird.
    • NB: Muss die Gerätenummer mit der Messlokation abgleichen und bei Abweichungen eine APERAK-Nachricht (Anwendungsfehlermeldung) an den LF/MSB senden.
    • LF: Sollte bei Eingang einer VL-Nachricht prüfen, ob die Gerätenummer zur erwarteten Messlokation passt (z. B. durch Abgleich mit dem Lieferantenrahmenvertrag).
  • Standardisierte Fehlerbehandlung:
    • APERAK-Prozess: Bei Erkennung einer Inkonsistenz muss der Empfänger unverzüglich eine APERAK-Nachricht mit Fehlercode (z. B. Z19 – "Gerätenummer nicht bekannt") an den Sender übermitteln.
    • Eskalationspfade: Klare Regelungen, wer bei welchen Fehlern korrigierend eingreift (z. B. MSB für Zählerparametrierung, NB für Stammdatenpflege).
  • Dokumentation und Nachweispflicht:
    • Alle Korrekturmaßnahmen müssen nachvollziehbar dokumentiert werden, um im Streitfall Compliance nachweisen zu können.
    • Beispiel: Ein Fehlerlogbuch mit Zeitstempel, Fehlerart und verantwortlicher Stelle.
2.3 Regulatorische Konformität sicherstellen
  • Einhaltung der MaBiS/GaBi-Vorgaben:
    • Die Bilanzkreisabrechnung muss auf korrekten Messwerten basieren. Inkonsistenzen müssen innerhalb der Fristen (z. B. 6 Monate nach Lieferperiode) bereinigt werden.
  • Transparenz gegenüber der BNetzA:
    • Bei wiederkehrenden Fehlern muss der NB oder MSB der BNetzA Meldepflichten nachkommen (§ 68 EnWG).
  • Vertragliche Absicherung:
    • Rahmenverträge zwischen LF, NB und MSB sollten Klauseln zur Datenqualität enthalten, die bei Fehlern Haftungsregelungen vorsehen.
    • Beispiel: Der MSB haftet für falsche Gerätenummern, wenn diese auf manuelle Eingabefehler zurückzuführen sind.

3. Fazit und Handlungsempfehlungen

Die fehlende Synchronisation zwischen Gerätenummer und Messlokation in MSCONS-Nachrichten führt zu erheblichen Risiken für alle Marktrollen, insbesondere in den Bereichen Bilanzierung, Abrechnung und Compliance. Um diese zu minimieren, sollten folgende Maßnahmen ergriffen werden:

  1. Automatisierte Prüfroutinen in der Marktkommunikation implementieren, um Inkonsistenzen sofort zu erkennen.
  2. Klare Verantwortlichkeiten in der Datenkette definieren und standardisierte Fehlerbehandlungsprozesse (APERAK) etablieren.
  3. Regelmäßige Datenqualitätsanalysen durchführen, um systematische Fehlerquellen zu identifizieren.
  4. Dokumentationspflichten einhalten, um im Streitfall Nachweispflichten erfüllen zu können.
  5. Vertragliche Regelungen anpassen, um Haftungsrisiken klar zu verteilen.

Durch diese Maßnahmen können Prozessrisiken reduziert, Kosten gesenkt und die regulatorische Compliance sichergestellt werden. Eine enge Zusammenarbeit zwischen LF, NB und MSB ist dabei unerlässlich.