Willi Mako
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Rollen & Verantwortung: MaBiS-ZP, TR & SR in der Marktkommunikation

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Einfluss der Differenzierung zwischen MaBiS-ZP, Technischer Ressource und Steuerbarer Ressource auf Rollenverteilung und Verantwortlichkeiten in der Marktkommunikation

Die zunehmende Unterscheidung zwischen MaBiS-ZP (Marktbasierte Bilanzierung der Zählpunkte), Technischer Ressource (TR) und Steuerbarer Ressource (SR) im Rahmen der Marktkommunikation nach § 12 StromNZV und den Festlegungen der Bundesnetzagentur (BNetzA) führt zu einer präziseren, aber auch komplexeren Aufteilung von Aufgaben und Verantwortlichkeiten. Diese Differenzierung ist notwendig, um die Anforderungen der Energiewende – insbesondere die Integration steuerbarer Verbrauchseinrichtungen (z. B. Wärmepumpen, Ladeinfrastruktur) und dezentraler Erzeugungsanlagen – systemverträglich abzubilden. Gleichzeitig entstehen neue Schnittstellen und potenzielle Zielkonflikte zwischen den Marktakteuren.


1. Rollenverteilung und Verantwortlichkeiten im Überblick

a) MaBiS-ZP (Marktbasierte Bilanzierung der Zählpunkte)

  • Zuständigkeit: Primär für die bilanzielle Abrechnung von Standardlastprofilen (SLP) und registrierender Leistungsmessung (RLM) zuständig.
  • Verantwortliche Akteure:
    • Lieferanten: Verantwortlich für die Bilanzierung der gelieferten Energie und die Meldung der Zählpunktdaten an den Bilanzkreisverantwortlichen (BKV).
    • Netzbetreiber (VNB/ÜNB): Stellen die Zählpunktdaten bereit und validieren die Messwerte. Sie sind für die korrekte Zuordnung der Zählpunkte zu Bilanzkreisen verantwortlich.
    • Messstellenbetreiber (MSB): Liefern die Messdaten an den Netzbetreiber und stellen sicher, dass die Daten den Anforderungen der MaBiS entsprechen.
  • Relevanz der Differenzierung: Die MaBiS-ZP bleibt der zentrale Anker für die bilanzielle Abwicklung, wird jedoch durch TR und SR ergänzt, um steuerbare und nicht-standardisierte Verbrauchseinrichtungen abzubilden.

b) Technische Ressource (TR)

  • Definition: Eine TR ist eine physische oder virtuelle Einheit, die Energie verbraucht, erzeugt oder speichert (z. B. eine Wärmepumpe, ein Batteriespeicher oder eine Erzeugungsanlage).
  • Zuständigkeit: Fokussiert auf die technische Betriebsführung und die Abbildung von Flexibilitäten.
  • Verantwortliche Akteure:
    • Anlagenbetreiber: Müssen die TR beim Netzbetreiber anmelden und technische Parameter (z. B. Leistungsgrenzen, Steuerbarkeit) bereitstellen.
    • Netzbetreiber: Führen ein Register der TR und prüfen, ob diese netzdienlich eingesetzt werden können. Sie sind für die technische Integration in das Netz verantwortlich.
    • Lieferanten/MSB: Können als Aggregatoren auftreten, wenn sie mehrere TR bündeln (z. B. in virtuellen Kraftwerken).
  • Relevanz der Differenzierung: Die TR ermöglicht eine feingranulare Abbildung von Anlagen, die nicht über Standardprofile bilanziert werden können. Sie ist die Grundlage für die Steuerung und Marktintegration von Flexibilitäten.

c) Steuerbare Ressource (SR)

  • Definition: Eine Unterkategorie der TR, die aktiv gesteuert werden kann (z. B. durch den Netzbetreiber oder einen Aggregator), um Netzengpässe zu vermeiden oder Systemdienstleistungen zu erbringen.
  • Zuständigkeit: Dient der operativen Steuerung im Rahmen von Redispatch 2.0, Einspeisemanagement oder lokalen Flexibilitätsmärkten.
  • Verantwortliche Akteure:
    • Netzbetreiber: Verantwortlich für die Priorisierung und Steuerung der SR, insbesondere bei Netzengpässen. Sie müssen sicherstellen, dass die Steuerung netzdienlich erfolgt.
    • Anlagenbetreiber/Aggregatoren: Müssen die Steuerbarkeit ihrer Anlagen nachweisen und ggf. vertragliche Vereinbarungen mit dem Netzbetreiber treffen (z. B. für Redispatch).
    • Lieferanten: Können SR in ihre Bilanzkreise einbinden, müssen aber sicherstellen, dass steuerungsbedingte Abweichungen bilanziell ausgeglichen werden.
  • Relevanz der Differenzierung: Die SR schafft die rechtliche und technische Grundlage für die aktive Einbindung von Flexibilitäten in die Systemstabilität. Sie erfordert jedoch klare Regeln, um Konflikte zwischen Markt- und Netzzielen zu vermeiden.

2. Zielkonflikte und prozessuale Anpassungsbedarfe

Die Differenzierung zwischen MaBiS-ZP, TR und SR führt zu Schnittstellenproblemen und Interessenkonflikten, die durch folgende Maßnahmen adressiert werden müssen:

a) Klare Abgrenzung der Verantwortlichkeiten

  • Problem: Unklare Zuständigkeiten bei der Datenbereitstellung (z. B. wer liefert die TR-Daten an den Netzbetreiber?) oder bei der Steuerung (z. B. wer entscheidet über die Priorisierung von SR?).
  • Lösung:
    • Standardisierte Meldeprozesse: Netzbetreiber müssen einheitliche Schnittstellen für die Anmeldung von TR/SR bereitstellen (z. B. über das Marktstammdatenregister oder spezifische Portale).
    • Rollenklärung in Verträgen: Lieferanten, MSB und Netzbetreiber müssen vertraglich regeln, wer für die Datenvalidierung, Steuerung und bilanzielle Abwicklung verantwortlich ist.
    • Transparente Priorisierungsregeln: Die BNetzA sollte verbindliche Kriterien für die Steuerung von SR festlegen (z. B. netzdienliche vs. marktgetriebene Steuerung).

b) Harmonisierung der Datenflüsse

  • Problem: MaBiS-ZP, TR und SR erfordern unterschiedliche Datenformate und -frequenzen (z. B. Echtzeitdaten für SR vs. tägliche Bilanzdaten für MaBiS-ZP).
  • Lösung:
    • Einheitliche Datenmodelle: Nutzung des Common Information Model (CIM) oder anderer standardisierter Formate, um Daten zwischen den Systemen austauschbar zu machen.
    • Automatisierte Schnittstellen: Entwicklung von APIs oder EDIFACT-Nachrichten, die eine nahtlose Integration von TR/SR-Daten in die MaBiS-Prozesse ermöglichen.
    • Datenvalidierung: Netzbetreiber und MSB müssen gemeinsame Prozesse zur Plausibilitätsprüfung etablieren, um Fehler in der Bilanzierung zu vermeiden.

c) Konfliktmanagement zwischen Markt- und Netzzielen

  • Problem: Lieferanten haben ein Interesse an marktgetriebener Steuerung (z. B. für Arbitragegeschäfte), während Netzbetreiber netzdienliche Steuerung priorisieren (z. B. zur Vermeidung von Engpässen).
  • Lösung:
    • Regulatorische Vorgaben: Die BNetzA sollte klare Hierarchien festlegen (z. B. Netzsicherheit vor Marktinteressen) und Ausgleichsmechanismen für steuerungsbedingte Abweichungen schaffen.
    • Flexibilitätsmärkte: Einführung lokaler oder regionaler Märkte, auf denen SR sowohl netzdienlich als auch marktgetrieben eingesetzt werden können (z. B. nach dem Vorbild des Redispatch 2.0).
    • Vertragliche Anreize: Netzbetreiber und Lieferanten können Bonus-Malus-Systeme vereinbaren, um netzdienliches Verhalten zu belohnen.

d) Schulung und Kompetenzaufbau

  • Problem: Viele Akteure (insbesondere kleinere MSB oder Anlagenbetreiber) sind mit den neuen Anforderungen überfordert.
  • Lösung:
    • Schulungsprogramme: Die BNetzA oder Branchenverbände sollten Leitfäden und Schulungen anbieten, um die Akteure mit den Prozessen vertraut zu machen.
    • Testumgebungen: Bereitstellung von Sandbox-Umgebungen, in denen neue Prozesse erprobt werden können, bevor sie in den Echtbetrieb gehen.

3. Fazit und Handlungsempfehlungen

Die Differenzierung zwischen MaBiS-ZP, TR und SR ist ein notwendiger Schritt, um die Energiewende systemverträglich umzusetzen. Allerdings erfordert sie prozessuale Anpassungen, um Zielkonflikte zu minimieren:

  1. Standardisierung der Melde- und Datenprozesse durch einheitliche Schnittstellen und Formate.
  2. Klare regulatorische Vorgaben zur Priorisierung von Steuerungszielen und Ausgleichsmechanismen.
  3. Vertragliche Absicherung der Verantwortlichkeiten zwischen Netzbetreibern, Lieferanten und MSB.
  4. Kompetenzaufbau bei allen Marktakteuren, um die neuen Anforderungen umsetzen zu können.

Ohne diese Anpassungen besteht die Gefahr von Dateninkonsistenzen, Steuerungskonflikten und ineffizienten Prozessen, die die Integration von Flexibilitäten behindern. Die BNetzA sollte daher zeitnah konkrete Festlegungen treffen, um die Marktkommunikation zukunftsfähig zu gestalten.