Willi Mako
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UTILTS-Nachrichten: Zeitliche Abfolge & Marktprozess-Konsistenz

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Einfluss der zeitlichen Abfolge von Netzbetreiberzuordnung und Gültigkeitsbeginn in UTILTS-Nachrichten auf die logische Konsistenz der Marktprozesse

1. Grundlagen der UTILTS-Nachrichten und ihrer zeitlichen Struktur

UTILTS-Nachrichten (Utility Transfer Messages) dienen im deutschen Energiemarkt der Übermittlung von Stamm- und Bewegungsdaten zwischen Marktteilnehmern, insbesondere im Rahmen der Marktkommunikation nach den Vorgaben des BDEW/EDI@Energy-Standards. Ein zentrales Element ist dabei die Netzbetreiberzuordnung (NB-Zuordnung) zu einer Marktlokation sowie der Gültigkeitsbeginn (SG5 DTM+157) von Datenänderungen.

Die logische Konsistenz der Marktprozesse setzt voraus, dass zeitliche Abhängigkeiten zwischen diesen beiden Ereignissen eingehalten werden:

  • Die Zuordnung eines Netzbetreibers zu einer Marktlokation muss vor dem Gültigkeitsbeginn der damit verbundenen Datenänderungen erfolgen.
  • Eine Umkehrung dieser Reihenfolge (Gültigkeitsbeginn vor der NB-Zuordnung) führt zu prozessualen Inkonsistenzen, da die Zuständigkeit für die Datenverarbeitung und -validierung zum Zeitpunkt des Gültigkeitsbeginns nicht geklärt ist.

2. Auswirkungen einer fehlerhaften zeitlichen Abfolge auf die Marktprozesse

2.1 Prozessuale Risiken
  • Fehlende Validierungsgrundlage: UTILTS-Nachrichten werden von den empfangenden Marktteilnehmern (z. B. Lieferanten, Netzbetreibern, Bilanzkreisverantwortlichen) anhand definierter Regeln geprüft. Eine der zentralen Prüfungen ist die Zuständigkeit des Netzbetreibers für die betreffende Marktlokation. Liegt der Gültigkeitsbeginn vor der NB-Zuordnung, fehlt die notwendige Referenz für diese Prüfung. Die Nachricht kann nicht korrekt zugeordnet werden, was zu manuellen Nachbearbeitungen oder Ablehnungen führt.

  • Dateninkonsistenzen in nachgelagerten Systemen: Viele Marktprozesse (z. B. Bilanzierung, Abrechnung, Netznutzungsabrechnung) basieren auf einer zeitlich konsistenten Datenhistorie. Wird der Gültigkeitsbeginn vor der NB-Zuordnung gesetzt, entstehen Lücken in der Datenkette, da:

    • Der Netzbetreiber für den Zeitraum vor seiner Zuordnung keine Verantwortung übernehmen kann.
    • Lieferanten oder Bilanzkreisverantwortliche keine korrekten Zuordnungen für Verbräuche oder Einspeisungen vornehmen können.
    • Abrechnungssysteme falsche Netzentgelte oder Umlagen berechnen, da die Zuständigkeit nicht geklärt ist.
  • Verzögerungen in der Marktkommunikation: Nachrichten mit fehlerhafter zeitlicher Abfolge müssen korrigiert und neu versendet werden. Dies führt zu:

    • Verzögerungen in der Lieferantenwechselabwicklung (z. B. bei § 20a EnWG-Prozessen).
    • Störungen in der Bilanzkreisabrechnung, da Verbräuche oder Einspeisungen nicht eindeutig zugeordnet werden können.
    • Erhöhtem manuellem Aufwand bei allen beteiligten Parteien, um die Inkonsistenzen zu klären.
2.2 Regulatorische Risiken
  • Verstoß gegen Marktregeln (MaBiS, GPKE, GeLi Gas): Die Marktregeln für die Durchführung der Bilanzkreisabrechnung Strom (MaBiS) und die Geschäftsprozesse zur Kundenbelieferung mit Gas (GPKE) sowie die Geschäftsprozesse Lieferantenwechsel (GeLi Gas) sehen vor, dass alle Marktprozesse auf einer konsistenten Datenbasis beruhen müssen. Eine fehlerhafte zeitliche Abfolge kann als Verstoß gegen diese Regeln gewertet werden, was zu:

    • Bußgeldern durch die Bundesnetzagentur (BNetzA) führen kann.
    • Haftungsrisiken für den verantwortlichen Marktteilnehmer (z. B. bei falscher Abrechnung von Netzentgelten).
  • Probleme bei der Bilanzkreisabrechnung: Die Bilanzkreisverantwortlichen (BKV) sind auf korrekte Zuordnungen von Verbräuchen und Einspeisungen angewiesen. Fehlt die NB-Zuordnung zum Gültigkeitszeitpunkt, können:

    • Bilanzkreisabweichungen entstehen, die zu Ausgleichsenergiekosten führen.
    • Abrechnungsdifferenzen zwischen Lieferanten und Netzbetreibern auftreten, die nur mit hohem Aufwand geklärt werden können.
  • Rechtliche Unsicherheiten bei Vertragsverhältnissen: Die Netznutzungsverträge und Lieferverträge basieren auf der Annahme, dass der Netzbetreiber zum Gültigkeitszeitpunkt bereits zugeordnet ist. Fehlt diese Zuordnung, kann dies zu:

    • Vertragslücken führen, da unklar ist, wer für die Netznutzung verantwortlich ist.
    • Streitigkeiten zwischen Marktteilnehmern über die Zuständigkeit für bestimmte Prozesse (z. B. Zählerstandsübermittlung, Störungsmanagement).

3. Lösungsansätze und präventive Maßnahmen

Um die genannten Risiken zu vermeiden, sollten folgende Maßnahmen ergriffen werden:

3.1 Technische und prozessuale Maßnahmen
  • Automatisierte Prüfungen in Marktkommunikationssystemen: Die EDI-Systeme der Marktteilnehmer sollten so konfiguriert sein, dass sie UTILTS-Nachrichten mit fehlerhafter zeitlicher Abfolge automatisch ablehnen und eine entsprechende Fehlermeldung generieren.

    • Beispiel: Eine Prüfregel, die sicherstellt, dass das DTM+157-Datum (Gültigkeitsbeginn) nicht vor dem Datum der NB-Zuordnung liegt.
  • Klare Verantwortlichkeiten in den Marktprozessen: Die Prozessbeschreibungen (z. B. GPKE, MaBiS) sollten explizit festlegen, dass:

    • Die NB-Zuordnung immer vor dem Gültigkeitsbeginn erfolgen muss.
    • Bei Verstößen eine Rückmeldung an den Absender mit der Aufforderung zur Korrektur erfolgt.
  • Dokumentation und Nachverfolgbarkeit: Alle Änderungen der NB-Zuordnung und der Gültigkeitsbeginne sollten protokolliert werden, um im Streitfall eine lückenlose Nachweiskette zu haben.

3.2 Regulatorische und organisatorische Maßnahmen
  • Schulungen der Marktteilnehmer: Regelmäßige Schulungen und Workshops zu den Anforderungen der Marktkommunikation können helfen, Fehler in der zeitlichen Abfolge zu vermeiden.

  • Regulatorische Klarstellungen: Die Bundesnetzagentur (BNetzA) sollte in ihren Festlegungen (z. B. BK6-19-034 für MaBiS) explizit auf die Reihenfolge von NB-Zuordnung und Gültigkeitsbeginn hinweisen und bei Verstößen konsequente Sanktionen androhen.

  • Testverfahren vor Produktivsetzung: Neue Marktteilnehmer oder Systemänderungen sollten vor der Produktivnahme in Testumgebungen (z. B. EDI-Testplattformen) geprüft werden, um sicherzustellen, dass die zeitliche Abfolge korrekt eingehalten wird.


4. Fazit

Die zeitliche Abfolge von Netzbetreiberzuordnung und Gültigkeitsbeginn in UTILTS-Nachrichten ist ein kritischer Faktor für die logische Konsistenz der Marktprozesse. Wird diese Reihenfolge nicht eingehalten, entstehen prozessuale Störungen, Dateninkonsistenzen und regulatorische Risiken, die zu Verzögerungen, zusätzlichen Kosten und rechtlichen Auseinandersetzungen führen können.

Eine automatisierte Prüfung der zeitlichen Abfolge, klare Prozessvorgaben und regulatorische Klarstellungen sind essenziell, um diese Risiken zu minimieren. Marktteilnehmer sollten sicherstellen, dass ihre Systeme und Prozesse die korrekte Reihenfolge zwingend einhalten, um reibungslose Abläufe im Energiemarkt zu gewährleisten.