Willi Mako
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AHB-Prüfung: Ablauf, Ziele & Reha-Bedarf einfach erklärt

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AHB-Prüfung: Ablauf und inhaltliche Ausrichtung

Die AHB-Prüfung (Anschlussheilbehandlung) ist ein standardisiertes Verfahren zur medizinischen und rehabilitativen Bewertung von Patient:innen nach akuten Erkrankungen, Operationen oder chronischen Leiden. Sie dient der Feststellung des individuellen Rehabilitationsbedarfs sowie der Einleitung geeigneter Maßnahmen zur Wiederherstellung der körperlichen und psychischen Leistungsfähigkeit. Der folgende Überblick fasst den genauen Ablauf und die inhaltliche Ausrichtung der Prüfung zusammen, wie sie in den vorliegenden Unterlagen dargelegt ist.


1. Ziel und rechtliche Grundlagen

Die AHB-Prüfung basiert auf den Vorgaben des Sozialgesetzbuchs (SGB V und SGB IX) sowie den Richtlinien der Deutschen Rentenversicherung (DRV) und der gesetzlichen Krankenkassen. Ihr primäres Ziel ist die:

  • Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs (medizinisch, beruflich, sozial),
  • Festlegung der Rehabilitationsziele (z. B. Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit, Verbesserung der Lebensqualität),
  • Entscheidung über die Art der Anschlussheilbehandlung (stationär, ambulant, teilstationär).

Die Prüfung erfolgt interdisziplinär unter Einbindung von Ärzt:innen, Therapeut:innen, Sozialarbeiter:innen und ggf. Psycholog:innen.


2. Ablauf der AHB-Prüfung

Der Prozess gliedert sich in drei Phasen, die zeitlich und inhaltlich aufeinander aufbauen:

2.1 Antragstellung und Vorprüfung

  • Initiierung: Der Antrag auf AHB wird in der Regel durch die behandelnde Klinik (z. B. Akutkrankenhaus) oder den Hausarzt gestellt. Bei chronischen Erkrankungen kann auch die Patient:in selbst den Antrag einreichen.
  • Dokumentation: Folgende Unterlagen sind vorzulegen:
    • Ärztlicher Befundbericht (inkl. Diagnosen, Therapieverlauf, Prognose),
    • Aktuelle Labor- und Bildgebungsbefunde,
    • Sozialmedizinische Anamnese (berufliche Situation, Alltagsbewältigung),
    • Bei beruflicher Rehabilitation: Stellungnahme des Arbeitgebers oder der Agentur für Arbeit.
  • Vorprüfung durch den Kostenträger (z. B. Krankenkasse, Rentenversicherung): Klärung der Zuständigkeit und grundsätzlichen Rehabilitationsfähigkeit.

2.2 Medizinisch-therapeutische Begutachtung

Diese Phase umfasst eine umfassende Untersuchung durch ein multiprofessionelles Team:

  • Ärztliche Untersuchung:
    • Körperliche Untersuchung (Funktionsstatus, Schmerzen, Mobilität),
    • Überprüfung der aktuellen Medikation und Therapieadhärenz,
    • Beurteilung der Rehabilitationsfähigkeit (z. B. Belastbarkeit, Motivation).
  • Therapeutische Assessments:
    • Physiotherapeutische Tests (z. B. Kraft, Ausdauer, Koordination),
    • Ergotherapeutische Evaluation (Feinmotorik, Alltagskompetenz),
    • Psychologische Diagnostik (bei Bedarf: Depression, Angststörungen, kognitive Defizite).
  • Sozialmedizinische Beurteilung:
    • Analyse der beruflichen Anforderungen und des Arbeitsplatzes,
    • Prüfung von Hilfsmittelbedarf (z. B. Rollstuhl, Prothesen),
    • Klärung sozialer Rahmenbedingungen (Wohnsituation, Pflegebedarf).

2.3 Entscheidungsfindung und Bescheid

  • Interdisziplinäre Fallkonferenz: Die Ergebnisse aller Untersuchungen werden zusammengeführt und bewertet.
  • Erstellung des Rehabilitationsplans:
    • Festlegung der Rehabilitationsziele (kurz-, mittel-, langfristig),
    • Auswahl der geeigneten Reha-Einrichtung (z. B. orthopädisch, kardiologisch, neurologisch),
    • Dauer und Intensität der Maßnahmen (Standard: 3 Wochen, bei Bedarf Verlängerung).
  • Bescheid des Kostenträgers: Schriftliche Mitteilung über die Bewilligung oder Ablehnung der AHB, inkl. Begründung und Widerspruchsmöglichkeit.

3. Inhaltliche Ausrichtung der Prüfung

Die AHB-Prüfung ist individuell und diagnosebezogen ausgerichtet, orientiert sich jedoch an folgenden Schwerpunkten:

3.1 Medizinische Aspekte

  • Diagnosespezifische Kriterien:
    • Bei orthopädischen Erkrankungen (z. B. Hüft-TEP): Beweglichkeit, Muskelaufbau, Schmerzmanagement.
    • Bei kardiologischen Erkrankungen (z. B. nach Herzinfarkt): Belastungs-EKG, Ernährungsberatung, Stressreduktion.
    • Bei neurologischen Erkrankungen (z. B. Schlaganfall): Sprachtherapie, Gangschulung, neuropsychologische Tests.
  • Multimorbidität: Berücksichtigung von Begleiterkrankungen (z. B. Diabetes, COPD) und deren Wechselwirkungen.

3.2 Funktionale und berufliche Aspekte

  • Alltagsrelevante Fähigkeiten:
    • Selbstversorgung (Anziehen, Essen, Hygiene),
    • Mobilität (Treppensteigen, Gehstrecke, Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel).
  • Berufliche Reintegration:
    • Arbeitsplatzanalyse (körperliche/psychische Anforderungen),
    • Stufenweise Wiedereingliederung (Hamburger Modell),
    • Bei dauerhafter Erwerbsminderung: Prüfung von Umschulungsmaßnahmen.

3.3 Psychosoziale Faktoren

  • Psychische Belastung: Screening auf Depressionen, Angststörungen oder Anpassungsstörungen.
  • Soziales Umfeld: Unterstützung durch Familie, Freunde oder Selbsthilfegruppen.
  • Motivation und Compliance: Bereitschaft der Patient:in zur aktiven Teilnahme an der Rehabilitation.

4. Besonderheiten und Ausnahmen

  • Dringlichkeitsprüfung: Bei akuten Fällen (z. B. nach Amputation) kann die AHB innerhalb von 14 Tagen eingeleitet werden.
  • Teilstationäre oder ambulante AHB: Bei stabilen Patient:innen mit gutem sozialen Netzwerk.
  • Ablehnung der AHB: Gründe können sein:
    • Fehlende Rehabilitationsfähigkeit (z. B. schwere Demenz),
    • Kein nachweisbarer Rehabilitationsbedarf,
    • Nicht ausreichende Motivation der Patient:in.

5. Nach der AHB-Prüfung

  • Durchführung der Rehabilitation: In einer zertifizierten Reha-Einrichtung mit regelmäßigen Verlaufskontrollen.
  • Nachsorge: Empfehlungen für weiterführende Therapien (z. B. Physiotherapie, Reha-Sport) oder berufliche Maßnahmen.
  • Evaluation: Erfolgskontrolle der Reha-Ziele (z. B. durch Follow-up-Untersuchungen nach 6 Monaten).

Zusammenfassung

Die AHB-Prüfung ist ein strukturierter, mehrstufiger Prozess, der medizinische, funktionelle und psychosoziale Aspekte integriert. Ihr Ziel ist eine evidenzbasierte Entscheidung über die Notwendigkeit und Ausgestaltung einer Anschlussheilbehandlung. Die inhaltliche Ausrichtung orientiert sich stets am individuellen Bedarf der Patient:in und den Vorgaben der Kostenträger.

Für weitere Fragen wenden Sie sich bitte an Ihren behandelnden Arzt oder die zuständige Krankenkasse/Rentenversicherung.