Willi Mako
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RFF+AGO: Nachverfolgbarkeit & Fehlerbehebung in Marktkommunikation

ID#796-F2
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TAGS [EDIFACT][LIEFERANTENWECHSEL][MESSSTELLENBETREIBER][PROZESS][BILANZ][ZUORDNUNG][BILANZKREIS][FEHLERBEHANDLUNG]

Einfluss der Nachrichtenreferenzierung (RFF+AGO) auf prozessuale Nachverfolgbarkeit und Fehlerbehandlung in Lieferantenwechsel- und Marktkommunikationsprozessen

1. Bedeutung der Referenzierung für die prozessuale Nachverfolgbarkeit

Die Referenzierung von Nachrichten mittels RFF+AGO (Referenzsegment mit Qualifier „AGO“ für die Absenderreferenz der Originalnachricht) ist ein zentrales Element in der EDIFACT-basierten Marktkommunikation nach BDEW-Standard. Sie dient der eindeutigen Identifikation und Verknüpfung von Nachrichten innerhalb einer Prozesskette, insbesondere bei:

  • Lieferantenwechseln (z. B. Wechsel des Strom- oder Gaslieferanten),
  • Zählerstands- und Abrechnungsprozessen (z. B. MSCONS, UTILMD),
  • Fehlerbehandlungs- und Eskalationsverfahren (z. B. APERAK-Nachrichten).

Durch die Übermittlung der Dokumentennummer (DE1154 im RFF-Segment) aus dem BGM-Segment (DE1004) der Ursprungsnachricht wird eine lückenlose Rückverfolgbarkeit sichergestellt. Dies ermöglicht:

  • Prozessuale Transparenz: Jede Nachricht kann ihrem Ursprung zugeordnet werden, was die Analyse von Prozessabbrüchen oder Verzögerungen erleichtert.
  • Automatisierte Weiterverarbeitung: Systeme können Nachrichten korrekt zuordnen und Folgeprozesse (z. B. Bestätigungen, Korrekturen) auslösen.
  • Auditierbarkeit: Bei regulatorischen Prüfungen oder Streitfällen kann der gesamte Kommunikationsverlauf rekonstruiert werden.

2. Auswirkungen auf die Fehlerbehandlung

Eine konsistente Referenzierung ist entscheidend für die effiziente Fehlerbehandlung, insbesondere in folgenden Szenarien:

a) Automatisierte Fehlererkennung und -korrektur
  • APERAK-Nachrichten (Application Error and Acknowledgement) nutzen die Referenzierung, um Fehlerursachen (z. B. ungültige Zählerstände, fehlende Stammdaten) einer spezifischen Ursprungsnachricht zuzuordnen.
  • Ohne korrekte Referenzierung kann das empfangende System die Fehlerquelle nicht identifizieren, was zu manuellen Nachbearbeitungen oder Prozessabbrüchen führt.
b) Wiederholungs- und Eskalationsmanagement
  • Bei Wiederholungsversuchen (z. B. nach Zeitüberschreitungen) muss die Referenznummer erhalten bleiben, um Duplikate zu vermeiden.
  • Fehlt die Referenz, kann es zu Doppelerfassungen oder falschen Zuordnungen kommen, was die Datenkonsistenz gefährdet.
c) Synchronisation zwischen Marktpartnern
  • In mehrstufigen Prozessen (z. B. Lieferantenwechsel mit Vorabmeldung, Bestätigung und Abschluss) ist die Referenzierung die einzige Möglichkeit, Nachrichten korrekt zu verketten.
  • Inkonsistenzen führen zu Dateninkonsistenzen zwischen den Systemen der beteiligten Akteure (Netzbetreiber, Lieferant, Messstellenbetreiber).

3. Risiken bei inkonsistenter oder fehlender Referenzierung für die regulatorische Compliance

a) Verstoß gegen gesetzliche und vertragliche Pflichten
  • EnWG (§ 40 ff.) und Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) verlangen eine nachvollziehbare und manipulationssichere Dokumentation von Marktprozessen.
  • Fehlende oder falsche Referenzierungen können als Verstoß gegen die Pflicht zur ordnungsgemäßen Datenübermittlung gewertet werden, was Bußgelder oder Vertragsstrafen nach sich ziehen kann.
b) Beeinträchtigung der Datenqualität und Revisionssicherheit
  • MaBiS (Marktregeln für die Durchführung der Bilanzkreisabrechnung Strom) und GaBi Gas (Geschäftsprozesse zur Kundenbelieferung mit Gas) fordern eine lückenlose Nachweiskette für alle Transaktionen.
  • Fehlende Referenzen erschweren die Prüfbarkeit durch die Bundesnetzagentur (BNetzA) oder externe Auditoren, was zu Compliance-Risiken führt.
c) Operative Risiken und Haftungsfragen
  • Falsche Abrechnungen: Bei fehlender Referenzierung können Zählerstände oder Wechselprozesse falsch zugeordnet werden, was zu finanziellen Verlusten oder Reklamationen führt.
  • Haftungsrisiken: Im Streitfall (z. B. bei falschen Lieferantenwechseln) kann der Nachweis der korrekten Prozessabwicklung nur über die Referenzierung erbracht werden. Fehlt diese, drohen Schadensersatzforderungen.
d) Systemische Risiken durch manuelle Eingriffe
  • Fehlende Automatisierung durch inkonsistente Referenzierung führt zu manuellen Korrekturen, die:
    • Fehleranfällig sind,
    • Prozessverzögerungen verursachen,
    • Kostensteigerungen durch erhöhten Bearbeitungsaufwand nach sich ziehen.

4. Empfehlungen für eine compliant-konforme Referenzierung

Um die genannten Risiken zu minimieren, sollten folgende Maßnahmen umgesetzt werden:

  1. Automatisierte Referenzgenerierung und -prüfung

    • Systeme sollten die Dokumentennummer (DE1004 im BGM-Segment) automatisch in das RFF+AGO-Segment (DE1154) übernehmen.
    • Vor dem Versand sollte eine Plausibilitätsprüfung erfolgen, um leere oder doppelte Referenzen zu vermeiden.
  2. Dokumentation und Monitoring

    • Alle referenzierten Nachrichten sollten in einem zentralen Log-System gespeichert werden, um im Fehlerfall eine schnelle Analyse zu ermöglichen.
    • Regelmäßige Audits der Referenzierungspraxis durch interne oder externe Prüfer.
  3. Schulung und Prozessstandardisierung

    • Mitarbeiter in der Marktkommunikation müssen für die Bedeutung der Referenzierung sensibilisiert werden.
    • Klare Prozessanweisungen für den Umgang mit fehlenden oder inkonsistenten Referenzen (z. B. Eskalationswege, manuelle Korrekturverfahren).
  4. Technische Absicherung

    • Einsatz von EDI-Validierungstools, die Referenzierungsfehler bereits vor dem Versand erkennen.
    • Redundante Speicherung von Referenzdaten, um im Fall von Systemausfällen eine Wiederherstellung zu ermöglichen.

Fazit

Die Referenzierung von Nachrichten via RFF+AGO ist kein optionales Detail, sondern ein kritischer Faktor für die Prozesssicherheit, Compliance und Effizienz in der Marktkommunikation. Inkonsistenzen oder fehlende Referenzen führen zu operativen Störungen, regulatorischen Risiken und finanziellen Verlusten. Eine automatisierte, standardisierte und überwachte Referenzierungspraxis ist daher unerlässlich, um die Anforderungen des BDEW-Standards sowie der gesetzlichen Vorgaben (EnWG, MsbG, MaBiS/GaBi Gas) zu erfüllen.