Willi Mako
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Risikoverteilung in der Gas-Sparte: Prozessabsicherung erklärt

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Risikoverteilung und prozessuale Absicherung bei fehlender expliziter Prozessbestätigung in der Gas-Sparte

1. Risikoverteilung zwischen Sender und Empfänger

In der Gas-Sparte führt das Fehlen einer expliziten Prozessbestätigung (über die reine Syntaxprüfung hinaus) zu einer asymmetrischen Risikoverteilung zwischen Sender und Empfänger. Die aktuelle Regelung sieht vor, dass der Sender nach Erhalt einer Empfangsbestätigung (z. B. via EDIFACT-CONTRL oder vergleichbaren Protokollen) von einer erfolgreichen Weiterverarbeitung ausgehen darf, sofern keine APERAK-Fehlermeldung (Application Error and Acknowledgment) eingeht. Diese Praxis birgt jedoch folgende Risiken:

  • Risiko für den Sender:

    • Die Empfangsbestätigung bestätigt lediglich die technische Lesbarkeit der Nachricht, nicht jedoch deren inhaltliche oder prozessuale Korrektheit.
    • Fehlende Rückmeldungen (z. B. bei stillschweigender Ablehnung durch den Empfänger) können zu falschen Annahmen über den Verarbeitungsstatus führen.
    • Bei späteren Disputen (z. B. Fristversäumnisse, Mengenabweichungen) trägt der Sender die Beweislast, dass die Nachricht korrekt übermittelt wurde – selbst wenn der Empfänger sie stillschweigend ignoriert hat.
  • Risiko für den Empfänger:

    • Der Empfänger muss aktiv APERAK-Meldungen generieren, um Fehler zu kommunizieren. Unterbleibt dies (z. B. aufgrund technischer Störungen oder manueller Nachlässigkeit), kann der Sender von einer erfolgreichen Verarbeitung ausgehen.
    • Bei nachträglichen Korrekturen (z. B. Stornierungen) muss der Empfänger beweisen, dass die ursprüngliche Nachricht fehlerhaft war – was ohne dokumentierte Prozessbestätigung erschwert wird.

2. Prozessuale und vertragliche Mechanismen zur Risikominimierung

Um diese Lücke zu schließen, können folgende Maßnahmen ergriffen werden:

a) Einführung einer expliziten Prozessbestätigung
  • Technische Umsetzung:
    • Erweiterung der Empfangsbestätigung um eine zweistufige Quittierung:
      1. Syntaxprüfung (wie bisher, z. B. via CONTRL).
      2. Inhalts- und Prozessprüfung (z. B. via APERAK mit Statuscodes wie „verarbeitet“, „abgelehnt“ oder „in Bearbeitung“).
    • Automatisierte Generierung von APERAK-Meldungen bei allen relevanten Verarbeitungsschritten (z. B. Plausibilitätsprüfung, Stammdatenabgleich, Fristenprüfung).
  • Vertragliche Regelung:
    • Festlegung von maximalen Antwortzeiten für APERAK-Meldungen (z. B. 24 Stunden nach Empfang).
    • Definition von Ablehnungsgründen, die eine APERAK-Meldung auslösen müssen (z. B. fehlende Referenzdaten, unplausible Mengenangaben).
b) Dokumentations- und Beweispflichten
  • Protokollierungspflichten:
    • Beide Parteien müssen Zeitstempel und Inhalte aller Nachrichten (inkl. APERAK-Meldungen) für einen definierten Zeitraum (z. B. 3 Jahre) archivieren.
    • Bei Streitfällen dienen diese Protokolle als Beweismittel für den Verarbeitungsstatus.
  • Vertragliche Klarstellung:
    • Im Bilanzkreisvertrag oder Netznutzungsvertrag sollte geregelt werden, dass das Fehlen einer APERAK-Meldung nicht als Zustimmung gewertet wird.
    • Einführung einer Schweigenfrist: Nach Ablauf einer definierten Frist (z. B. 48 Stunden) gilt die Nachricht als abgelehnt, sofern keine Bestätigung vorliegt.
c) Eskalations- und Schlichtungsmechanismen
  • Automatisierte Eskalation:
    • Bei ausbleibender APERAK-Meldung kann der Sender nach einer Wartefrist (z. B. 24 Stunden) eine manuelle Nachfrage an den Empfänger richten.
    • Bei wiederholten Verstößen können Vertragsstrafen oder Schlichtungsverfahren (z. B. durch die Bundesnetzagentur) greifen.
  • Standardisierte Fehlercodes:
    • Einheitliche APERAK-Fehlerkategorien (z. B. „technischer Fehler“, „inhaltlicher Fehler“, „Fristüberschreitung“) erleichtern die Nachverfolgung und Eskalation.
d) Technische Redundanz und Monitoring
  • Doppelte Bestätigungssysteme:
    • Neben APERAK können Webportale oder API-Schnittstellen genutzt werden, um den Verarbeitungsstatus abzufragen.
    • Automatisierte Plausibilitätsprüfungen (z. B. Abgleich mit Stammdaten) reduzieren das Risiko stillschweigender Ablehnungen.
  • Monitoring-Tools:
    • Einsatz von EDI-Monitoring-Systemen, die ausbleibende APERAK-Meldungen automatisch erkennen und melden.

3. Fazit

Das Fehlen einer expliziten Prozessbestätigung führt zu einer ungleichen Risikoverteilung, bei der der Sender das Hauptrisiko trägt. Durch technische Erweiterungen (zweistufige Quittierung, automatisierte APERAK-Meldungen), vertragliche Klarstellungen (Dokumentationspflichten, Schweigenfristen) und Eskalationsmechanismen lässt sich diese Lücke schließen. Eine standardisierte und transparente Kommunikation zwischen den Marktpartnern ist dabei essenziell, um Dispute zu vermeiden und die Prozesssicherheit in der Gas-Sparte zu erhöhen.

Empfehlung: Netzbetreiber und Bilanzkreisverantwortliche sollten die genannten Maßnahmen in Kooperationsvereinbarungen oder Marktregeln verankern, um eine rechtssichere und effiziente Abwicklung zu gewährleisten.