Risikoverteilung und prozessuale Mechanismen bei bewusster Auslassung der Zuordnungsprüfung („--“-Kennzeichnung)
1. Auswirkungen auf die Risikoverteilung zwischen Marktpartnern
Die Kennzeichnung eines Geschäftsvorfalls mit „--“ in allen relevanten Zuordnungsspalten signalisiert, dass keine automatisierte oder standardisierte Prüfung der Datenzuordnung erfolgt. Dies hat direkte Konsequenzen für die Risikoverteilung zwischen den beteiligten Marktpartnern (z. B. Lieferanten, Netzbetreiber, Bilanzkreisverantwortliche oder Messstellenbetreiber):
Verlagerung der Verantwortung auf den Datenlieferanten Ohne Zuordnungsprüfung obliegt es dem einreichenden Marktpartner, die Korrektheit und Vollständigkeit der Daten selbst zu gewährleisten. Fehlerhafte oder unvollständige Angaben können nicht durch nachgelagerte Systemprüfungen identifiziert werden, was das Risiko von Abrechnungsdifferenzen, regulatorischen Sanktionen oder operativen Störungen erhöht.
Erhöhtes Haftungsrisiko bei manuellen Korrekturen Da keine automatisierte Plausibilitätsprüfung stattfindet, müssen etwaige Unstimmigkeiten manuell geklärt werden. Dies kann zu Verzögerungen, zusätzlichen Kosten und potenziellen Streitigkeiten über die Verantwortung für Fehler führen. Im Streitfall ist die Beweislast oft höher, da keine systemgestützte Dokumentation der Prüfschritte vorliegt.
Reduzierte Transparenz für nachgelagerte Prozesse Marktpartner, die auf die Daten angewiesen sind (z. B. für Bilanzkreisabrechnungen oder Netznutzungsabrechnungen), müssen die „--“-Kennzeichnung als Hinweis auf eine erhöhte Fehleranfälligkeit interpretieren. Dies kann zu vorsorglichen Risikoaufschlägen, strengeren Vertragsklauseln oder zusätzlichen manuellen Kontrollen führen.
Regulatorische Implikationen Zwar entbindet die „--“-Kennzeichnung nicht von der Pflicht zur Einhaltung gesetzlicher Vorgaben (z. B. § 60 EnWG zur Datenqualität), jedoch verschiebt sie die Nachweispflicht. Marktpartner müssen im Zweifel nachweisen, dass die Daten trotz fehlender Prüfung korrekt sind – etwa durch interne Dokumentation oder unabhängige Audits.
2. Prozessuale und regulatorische Mechanismen zur Sicherstellung der Datenqualität
Da die „--“-Kennzeichnung die automatisierte Prüfung ausschließt, greifen alternative Mechanismen, um die Integrität der Daten zu gewährleisten:
a) Manuelle Kontrollen und Vier-Augen-Prinzip
- Vorabprüfung durch den Datenlieferanten Der einreichende Marktpartner muss sicherstellen, dass die Daten vor der Übermittlung auf Plausibilität geprüft werden. Dies kann durch interne Workflows, z. B. Freigabeprozesse mit definierten Prüfkriterien, erfolgen.
- Nachgelagerte Stichprobenprüfungen Empfänger der Daten (z. B. Übertragungsnetzbetreiber oder Marktgebietsverantwortliche) können gezielt „--“-Datensätze manuell überprüfen, um systematische Fehler zu identifizieren.
b) Vertragliche und regulatorische Vorgaben
- Spezifische Vereinbarungen in Marktregeln
Die Festlegung von „--“-Kennzeichnungen ist oft in Branchenstandards (z. B. GPKE, MaBiS) oder bilateralen Verträgen geregelt. Diese definieren:
- Anwendungsfälle: Unter welchen Bedingungen „--“ zulässig ist (z. B. bei fehlenden Stammdaten oder temporären Systemausfällen).
- Dokumentationspflichten: Der Datenlieferant muss die Gründe für die Auslassung der Prüfung nachvollziehbar festhalten.
- Fristen für Nachbesserungen: Bei fehlerhaften „--“-Datensätzen können Korrekturpflichten mit engen Zeitvorgaben bestehen.
- Regulatorische Aufsicht Die Bundesnetzagentur (BNetzA) überwacht die Einhaltung der Datenqualitätsvorgaben. Bei wiederholten Fehlern oder Missbrauch der „--“-Kennzeichnung können Bußgelder oder Anordnungen zur Prozessanpassung verhängt werden.
c) Technische Ersatzmechanismen
- Ersatzwerte oder Schätzverfahren In einigen Fällen können fehlende Zuordnungen durch standardisierte Ersatzwerte (z. B. Durchschnittswerte) oder Schätzalgorithmen kompensiert werden. Dies ist jedoch nur zulässig, wenn die Marktregeln dies explizit vorsehen.
- Datenvalidierung durch Dritte Unabhängige Dienstleister oder Clearingstellen können als neutrale Instanz die Datenqualität prüfen, insbesondere bei komplexen Geschäftsvorfällen (z. B. Bilanzkreisabrechnungen).
d) Eskalations- und Meldeverfahren
- Fehlerprotokolle und Korrekturprozesse Marktpartner sind verpflichtet, fehlerhafte „--“-Datensätze zu melden und innerhalb definierter Fristen zu korrigieren. Dies erfolgt oft über standardisierte Meldungen (z. B. „Fehlermeldung nach GPKE“).
- Audits und Zertifizierungen Regelmäßige Audits durch unabhängige Prüfer (z. B. nach ISO 27001 oder branchenspezifischen Standards) stellen sicher, dass interne Kontrollmechanismen wirksam sind.
3. Praktische Empfehlungen für Marktpartner
- Dokumentation der „--“-Verwendung Jede Auslassung der Zuordnungsprüfung sollte mit einer Begründung (z. B. „Stammdaten fehlen“, „Systemausfall“) und einem Zeitstempel versehen werden.
- Schulung und Sensibilisierung Mitarbeiter müssen für die Risiken der „--“-Kennzeichnung geschult werden, um Fehlanwendungen zu vermeiden.
- Regelmäßige Überprüfung der Prozesse Marktpartner sollten ihre internen Kontrollmechanismen regelmäßig evaluieren, um die Abhängigkeit von „--“-Datensätzen zu minimieren.
Fazit
Die „--“-Kennzeichnung entbindet nicht von der Pflicht zur Datenqualität, sondern verlagert die Verantwortung auf manuelle und vertragliche Mechanismen. Während sie in Ausnahmefällen (z. B. bei fehlenden Stammdaten) notwendig sein kann, erhöht sie das Risiko von Fehlern und Nachweispflichten. Marktpartner müssen durch klare Prozesse, Dokumentation und regulatorische Compliance sicherstellen, dass die Datenintegrität auch ohne automatisierte Prüfung gewährleistet bleibt.