Willi Mako
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Standardisierung von Fehlermeldungen in der Marktkommunikation

ID#C7C-18
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TAGS [EDIFACT][LIEFERANTENWECHSEL][MARKTROLLE][MESSSTELLENBETREIBER][PROZESS][WIM][BILANZ][ZUORDNUNG]

Einfluss fehlender Standardisierung von Fehlermeldungen auf die Prozessabwicklung in der Marktkommunikation

Die fehlende Standardisierung von Fehlermeldungen in der Marktkommunikation zwischen Netzbetreibern, Lieferanten und Messstellenbetreibern (MSB) beeinträchtigt die Effizienz der Prozessabwicklung erheblich. Inkonsistente Fehlerformate, uneinheitliche Prüfungslogiken und unterschiedliche Interpretationsspielräume führen zu systematischen Verzögerungen, erhöhten manuellen Aufwänden und vermeidbaren Kosten. Dieser Beitrag analysiert die konkreten Auswirkungen sowie die daraus resultierenden systemischen Risiken.


1. Effizienzverluste durch fehlende Standardisierung

a) Erhöhte Bearbeitungszeiten und manuelle Nacharbeit

Fehlermeldungen ohne einheitliche Struktur erfordern eine individuelle Prüfung durch die beteiligten Akteure. Da Netzbetreiber, Lieferanten und MSB unterschiedliche Systeme und Prüfungslogiken einsetzen, müssen Fehlercodes, Beschreibungen und Lösungswege manuell abgeglichen werden. Dies führt zu:

  • Verzögerungen in der Datenverarbeitung: Automatisierte Schnittstellen können nicht zuverlässig arbeiten, wenn Fehlermeldungen nicht maschinenlesbar oder inkompatibel sind.
  • Mehrfachprüfungen: Derselbe Fehler wird von verschiedenen Marktpartnern unterschiedlich interpretiert, was zu redundanten Klärungsprozessen führt.
  • Manuelle Korrekturen: Mitarbeiter müssen Fehler manuell klassifizieren und beheben, was die Fehlerquote erhöht und die Bearbeitungsdauer verlängert.

b) Komplexität in der Fehlerursachenanalyse

Ohne standardisierte Fehlermeldungen ist die Rückverfolgbarkeit von Fehlern erschwert. Beispiel:

  • Ein Netzbetreiber meldet einen „Formatfehler“ in einer Zählerstandsübermittlung, während der Lieferant diesen als „Plausibilitätsfehler“ einstuft.
  • Die Ursache (z. B. falsches Datumsformat vs. fehlende Prüfziffer) bleibt unklar, da die Meldungen keine einheitlichen Metadaten enthalten. Dies führt zu langwierigen Abstimmungsprozessen, insbesondere bei Massenprozessen wie der Jahresablesung oder dem Lieferantenwechsel.

c) Inkompatibilität mit automatisierten Prozessen

Moderne Marktkommunikation basiert auf EDIFACT- oder XML-basierten Formaten (z. B. UTILMD, MSCONS). Fehlende Standardisierung untergräbt die Vorteile dieser Formate:

  • Fehlende Referenzierung: Ohne einheitliche Fehlercodes können Systeme keine automatisierten Eskalations- oder Lösungsroutinen anstoßen.
  • Unklare Verantwortlichkeiten: Fehlermeldungen ohne klare Zuordnung (z. B. „Senderfehler“ vs. „Empfängerfehler“) führen zu Streitigkeiten über die Zuständigkeit für die Fehlerbehebung.
  • Erhöter Testaufwand: Bei Systemupdates oder neuen Marktpartnern müssen Fehlermeldungen individuell angepasst werden, was Integrationskosten steigert.

2. Systemische Risiken durch inkonsistente Fehlerprüfungslogiken

a) Operative Risiken: Prozessstörungen und Compliance-Verstöße

  • Verzögerte Marktprozesse: Unklare Fehlermeldungen führen zu Fristüberschreitungen (z. B. bei der Zählerstandsübermittlung oder dem Lieferantenwechsel), was Vertragsstrafen oder regulatorische Sanktionen nach sich ziehen kann.
  • Datenqualitätsprobleme: Inkonsistente Fehlerprüfungen begünstigen die Weitergabe fehlerhafter Daten (z. B. falsche Verbrauchswerte), was zu Abrechnungsdifferenzen und Kundenreklamationen führt.
  • Regulatorische Konsequenzen: Die Bundesnetzagentur (BNetzA) fordert in den MaBiS- und WiM-Vorgaben eine transparente und nachvollziehbare Fehlerbehandlung. Fehlende Standardisierung kann als Verstoß gegen die §§ 47 ff. EnWG gewertet werden.

b) Wirtschaftliche Risiken: Kosten und Wettbewerbsnachteile

  • Erhöhte Betriebskosten: Manuelle Fehlerbehebung bindet Personalressourcen und verursacht zusätzliche IT-Kosten für individuelle Anpassungen.
  • Wettbewerbsverzerrungen: Kleinere Marktteilnehmer (z. B. Stadtwerke) sind aufgrund begrenzter Ressourcen stärker von ineffizienten Prozessen betroffen als große Energieversorger mit eigenen IT-Abteilungen.
  • Investitionshemmnisse: Die Unsicherheit über zukünftige Fehlerformate bremst die Digitalisierung, da Unternehmen in proprietäre Lösungen investieren müssen.

c) Systemische Risiken: Instabilität der Marktkommunikation

  • Kaskadeneffekte: Ein einzelner, nicht standardisiert gemeldeter Fehler kann sich über mehrere Prozessschritte ausbreiten (z. B. falsche Zählerstände → fehlerhafte Bilanzierung → Abrechnungsdifferenzen).
  • Vertrauensverlust: Wiederkehrende Fehler und intransparente Meldungen untergraben das Vertrauen zwischen Marktpartnern, was zu bilateralen Sonderlösungen statt standardisierter Verfahren führt.
  • Hindernis für die Energiewende: Die Integration dezentraler Erzeugungsanlagen (z. B. EEG-Anlagen) und intelligenter Messsysteme (iMSys) erfordert eine robuste, fehlerresistente Kommunikation. Inkonsistente Fehlerlogiken erschweren die Skalierung dieser Technologien.

3. Lösungsansätze und regulatorische Vorgaben

Um die genannten Probleme zu adressieren, sind folgende Maßnahmen erforderlich:

a) Standardisierung der Fehlermeldungen

  • Einheitliche Fehlercodes: Einführung eines verbindlichen Katalogs von Fehlermeldungen (z. B. nach dem Vorbild der EDIFACT-Fehlercodes oder der BNetzA-Fehlerklassen).
  • Strukturierte Metadaten: Fehlermeldungen sollten maschinenlesbare Attribute enthalten, z. B.:
    • Fehlerkategorie (technisch, inhaltlich, formal)
    • Verantwortliche Marktrolle (Netzbetreiber, Lieferant, MSB)
    • Referenz auf betroffene Datenfelder (z. B. „OBIS-Kennzahl 1-1:1.8.0“)
  • Referenzimplementierungen: Bereitstellung von Muster-Fehlermeldungen durch die BNetzA oder Branchenverbände (z. B. BDEW).

b) Harmonisierung der Prüfungslogiken

  • Branchenweite Richtlinien: Festlegung einheitlicher Plausibilitätsprüfungen (z. B. für Zählerstände, Stammdaten oder Wechselprozesse) in den MaBiS- und WiM-Vorgaben.
  • Testumgebungen: Schaffung von Sandbox-Umgebungen, in denen Marktpartner ihre Fehlerbehandlung vorab validieren können.
  • Automatisierte Validierungstools: Entwicklung von Open-Source-Tools (z. B. auf Basis von XSD-Schemata), die Fehler vor dem Versand erkennen.

c) Regulatorische und organisatorische Maßnahmen

  • Verbindliche Vorgaben: Die BNetzA sollte in den Festlegungen zur Marktkommunikation (z. B. BK6-18-002) konkrete Anforderungen an Fehlermeldungen definieren.
  • Monitoring und Reporting: Einführung eines zentralen Fehlerregisters, das häufige Fehlerquellen identifiziert und Lösungsvorschläge bereitstellt.
  • Schulungen und Zertifizierungen: Marktpartner sollten verpflichtet werden, ihre Mitarbeiter in standardisierten Fehlerbehandlungsprozessen zu schulen.

Fazit

Die fehlende Standardisierung von Fehlermeldungen in der Marktkommunikation führt zu ineffizienten Prozessen, erhöhten Kosten und systemischen Risiken. Während die technischen Voraussetzungen für eine automatisierte Fehlerbehandlung (z. B. EDIFACT, XML) vorhanden sind, fehlt es an verbindlichen Vorgaben für die inhaltliche Ausgestaltung. Eine Harmonisierung der Fehlercodes, Prüfungslogiken und Verantwortlichkeiten würde die Prozesssicherheit erhöhen, die Digitalisierung beschleunigen und die Compliance mit regulatorischen Anforderungen verbessern. Die Branche ist aufgefordert, gemeinsam mit der BNetzA und den Verbänden praktikable Lösungen zu entwickeln, um die Marktkommunikation zukunftsfähig zu gestalten.